Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 66
Ziel dieser Vorschrift ist es, Eigentümern von unbebauten, aber baureifen Grundstücken i.S.d. § 25 GrStG mit der (höheren) Grundsteuer C einen finanziellen Anreiz zur Bebauung des Grundstücks zu schaffen und Spekulationen mit unbebauten Grundstücken unattraktiver zu machen. Ob ein erhöhter Hebesatz schlussendlich genügt, um tatsächlich Grundstücksspekulationen zu vermeiden, bleibt abzuwarten. Gemeinden, die von dem besonderen Hebesatz Gebrauch machen wollen, sollten sich allerdings der Folgewirkungen bewusst sein. So werden neben Grundstücksspekulanten unter Umständen vor allem auch diejenigen Eigentümer von unbebauten Grundstücken höher belastet, die ihr Grundstück der Bebauung zuführen wollen, das Bauvorhaben aber aus verschiedenen Gründen noch nicht abschließen konnten.
Rz. 67
Gründe dafür könnten z.B. sein:
- eine unverschuldete Baupause,
- eine andauernde zivilrechtliche Auseinandersetzung mit dem Veräußerer/Nachbarn,
- zeitweise fehlende finanzielle Mittel nach Anschaffung des Grund und Bodens,
- das Bauvorhaben dauert noch an (bis zur Bezugsfertigkeit des Gebäudes gilt das Grundstück bewertungsrechtlich weiterhin als unbebautes Grundstück),
- eine erforderliche Genehmigung steht noch aus oder wurde zu Unrecht versagt.
So kann die Grundsteuer C im Ergebnis sogar zu einem Erwerbshemmnis für weniger wohlhabende Personen werden.
Rz. 68
Dieser Nebeneffekt traf bereits die Eigentümer von unbebauten Grundstücken nach der erstmaligen Einführung einer Grundsteuer C (sog. Baulandsteuer) mit Gesetz vom 23.6.1960. Mit § 172 BBauG wurde das Grundsteuergesetz a.F. dahingehend geändert, dass mit den damals neuen §§ 12a, 12b und 12c GrStG die Grundsteuermesszahlen C eingefügt worden sind. Die Grundsteuermesszahlen für unbebaute, baureife Grundstücke wurden dadurch nach einer Zeitdauer gestaffelt progressiv erhöht. Darüber hinaus wurde den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, für die Grundsteuer C einen separaten Hebesatz festzulegen. Durch die erhöhte Steuerlast sollten – wie mit dem ab 2025 geltenden gesonderten Hebesatzrecht auch – die nicht bauwilligen Eigentümer von Grund und Boden dazu bewegt werden, sich entweder doch zu einer Eigenbebauung zu entschließen oder das Grundstück dem Verkauf zuzuführen. Erstmals zur Anwendung kamen die §§ 12a bis 12c GrStG a.F. im Jahr 1961.
Rz. 69
Die Baulandsteuer wurde wegen unerwünschter Nebenwirkungen bereits mit Gesetz vom 10.6.1964 rückwirkend zum 1.1.1963 vom Gesetzgeber wieder abgeschafft. Ursächlich hierfür war, dass die Steuer vor allem finanzschwache Bürgerinnen und Bürger traf, die sich die höhere Steuerlast nicht leisten konnten und das Grundstück noch vor einer Bebauung wieder verkaufen mussten. Im Ergebnis führte die damalige Ausgestaltung der Baulandsteuer zu einer Konzentration der Grundstücke bei wohlhabenden Bevölkerungsgruppen, da die unerwünschten Grundstücksspekulationen nicht vermieden wurden. Somit wurden diejenigen, die sich ihre unbebauten Grundstücke nicht mehr leisten konnten, zum Verkauf gezwungen, obwohl sie von der Regelung gar nicht betroffen sein sollten. Dazu zählten bspw. junge Familien, die die finanziellen Mittel zur Bebauung ihrer Grundstücke zunächst ansparen mussten. Bei dem finanzstärkeren Bevölkerungsteil fiel die erhöhte Steuerlast nicht ins Gewicht. Hinzu kam, dass die gesetzliche Regelung hinsichtlich der Definition baureifer Grundstücke nicht eindeutig formuliert war, sodass den Gemeinden und Finanzämtern ein weiter Spielraum bei der Ausweisung bzw. Bewertung der Grundstücke blieb.
Rz. 70
Mit Blick auf die durchaus anspruchsvollen Tatbestandsmerkmale zur Festsetzung eines gesonderten Hebesatzes für baureife Grundstücke bleibt abzuwarten, ob und inwiefern die Kommunen letztendlich tatsächlich von dieser Option Gebrauch machen. Das hierfür erforderliche bürokratische und tatsächliche Aufwand für die Kommunen sollte keineswegs unterschätzt werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass eine erneute Erhebung der Grundsteuer C vor allem die unerwünschten Nebenwirkungen der Baulandsteuer (Grundsteuer C 1960) mit sich bringt und dem gesetzgeberischen Ziel des § 25 Abs. 5 GrStG entgegenläuft.