Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
A. Entwicklung der Vorschrift
Rz. 1
Die §§ 127 bis 128 BewG sowie § 40 GrStG sind als Teil eines Gesamtpakets im Rahmen des Einigungsvertrags zu sehen, das in erster Linie darauf ausgerichtet ist, in möglichst kurzer Frist den absehbaren erheblichen Finanzbedarf der Gemeinden im beigetretenen Teil Deutschlands (= Beitrittsgebiet) zu beheben (s. § 125 BewG Anm. 5 f.).
Rz. 2
Zur Verwirklichung dieses Ziels mussten so schnell wie möglich einfach zu handhabende Ersatzbemessungsgrundlagen für die einheitswertabhängigen Steuern – insbesondere für die Grundsteuer – installiert werden. Da die Erhebung der Grundsteuer auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen, besonders im ländlichen Raum, ein wichtiges Finanzierungsinstrument der Gemeinden ist, wurde die Ermittlung der Ersatzwirtschaftswerte nach § 125 BewG durch § 126 Abs. 1 BewG unmittelbar in das Grundsteuermessbetragsverfahren eingebunden und auf die gesonderte Feststellung eines Einheitswertes verzichtet. Auf diese Weise konnten schon im Laufe des Jahres 1991 die ersten Grundsteuermessbeträge zum 1.1.1991 festgestellt und darauf basierend Grundsteuerbescheide durch die Gemeinden versandt werden.
Rz. 3
Die Vorschrift ist durch das Steueränderungsgesetz 2001 redaktionell geändert worden. Der bisherige Verweis auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG ist in § 22 Abs. 1 BewG umgewandelt worden. Diese Korrektur war erforderlich, weil § 22 Abs. 1 BewG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997 neu gefasst worden und die bisherige Nummerierung dieser Vorschrift weggefallen ist.
Rz. 4– 6
Einstweilen frei.
B. Geltung für die Grundsteuer
Rz. 7
Anders als bei der derzeit nicht mehr erhobenen Vermögensteuer sowie bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer muss bei der Erhebung von Grundsteuer nicht das bürgerlich-rechtliche Eigentum die eigentliche Grundlage für die Besteuerung bilden. Deshalb ist es möglich, bei einer Bewertung, die in erster Linie der Grundsteuer dient, die Eigentumsverhältnisse unberücksichtigt zu lassen. Dies geschieht auch bei der Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Beitrittsgebiet durch die Vorschrift des § 125 Abs. 2 BewG, der bei der Ermittlung der Ersatzwirtschaftswerte an die Nutzung – und nicht an das Eigentum – anknüpft.
Rz. 8
Durch § 126 Abs. 1 BewG wird daher bestimmt, dass der Ersatzwirtschaftswert im Grundsteuermessbetragsverfahren als unselbständige Besteuerungsgrundlage im Steuermessbetragsverfahren ermittelt wird und es sich folglich nicht um die Feststellung eines Einheitswertes handelt. Aufgrund dieser rechtlichen Stellung ist eine gesonderte Anfechtung des Ersatzwirtschaftsgutes nicht möglich; hier muss vielmehr der Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages mit dem Einspruch angegriffen werden.
Rz. 9
Die Vorschriften über das Steuermessbetragsverfahren müssen zur Erreichung dieses Zweckes nur dahingehend ergänzt werden, dass die Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags von einer Mindestgrenze des Ersatzwirtschaftswerts abhängen soll, die den Wertgrenzen des § 22 Abs. 1 BewG entspricht. Danach wird eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags durchgeführt, wenn der auf 100 volle DM abgerundete Ersatzwirtschaftswert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, vom Ersatzwirtschaftswert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5 000 DM, oder um mehr als 100 000 DM, nach unten um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 500 DM, oder um mehr als 5 000 DM abweicht.
Rz. 10
Eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 17 GrStG ist im Zusammenhang mit der Ermittlung von Ersatzwirtschaftswerten nur möglich bei Wertänderungen. Die ebenfalls in § 17 GrStG vorgesehenen Neuveranlagungen wegen Art- oder Zurechnungsfortschreibungen (§ 22 Abs. 2 BewG) finden bei der Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Beitrittsgebiet aus systematischen Gründen keine Anwendung. Falls eine Nutzungseinheit auf einen anderen Nutzer übergeht, ist nämlich die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags für die Nutzungseinheit des bisherigen Nutzers aufzuheben (§ 20 GrStG) und beim neuen Nutzer eine Nachveranlagung nach § 18 GrStG durchzuführen. Hier kann es allerdings dann zu Problemen kommen, wenn der Pächter von landwirtschaftlich genutzten Flächen nach dem Verkauf der Flächen durch den bisherigen Verpächter trotz eines nicht rechtskräftigen Urteils diese Flächen weiterhin als Nutzungsberechtigter bewirtschaftet und die Flächen erst nach rechtskräftigem Abschluss des Berufungsverfahrens an den neuen Eigentümer herausg...