Zusammenfassung
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass Veränderungen und unerwartete Krisen "das neue Normal" bestimmen. Dadurch sind auch Steuerkanzleien veranlasst, ihre Dienstleistungen zu überdenken und weiterzuentwickeln. Das können digitalere Dienstleistungsangebote und fachliche neue Beratungsangebote für Mandantenunternehmen sein, oder auch künftig Beratung unterstützt durch KI-Technologie. Für all diese Entwicklungen und für den Aufbau neuer Märkte sollten alle Kanzleien ihr Arsenal an effektiven Marketing- und Vertriebstaktiken, -methoden und -maßnahmen ausbauen. Professionalität in Marketing und Vertrieb gehört heute zu den Grundtugenden guten Unternehmertums, zu dem sich immer mehr Steuerkanzleien bekennen.
Für die meisten Steuerkanzleien wird mehr oder professionelleres Marketing und professionellerer Vertrieb das Betreten von Neuland bedeuten: Denn üblicherweise ist eine Kanzlei, in der gute Arbeit für Mandanten geleistet wird, auch gut mit Aufträgen ausgelastet. Allein durch das professionelle Kümmern um bestehende Aufträge und die daraus resultierende Mund-zu-Mund-Propaganda ergibt sich ein natürliches, leichtes Wachstum ohne extra durchzuführende Marketingmaßnahmen.
In Zeiten von radikalen Marktumbrüchen und vor allem dann, wenn Sie in Ihrer Kanzlei neue oder weiterentwickelte zukunftsfähige Dienstleistungen vermarkten wollen, ist ein anderer, professionellerer unternehmerischer Ansatz nötig. Sie brauchen effektive Werkzeuge und einen strukturierten Ansatz, damit Ihr Marketing und Vertrieb mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit- und Geldressourcen die gewünschten Ergebnisse erzielt.
1 Umsetzung gleich am Anfang bedenken
1.1 Zu viel zu tun – leider keine Zeit für Marketing!
Die Marketing-Ikone Philip Kotler hat bereits 1977 einen Aufsatz im Journal of Marketing veröffentlicht, der sich mit Marketing speziell für Kanzleien befasst. Auch heute hat dieses grundlegende Werk bemerkenswerte Aktualität und ist eine exzellente Handlungsanleitung für Praktiker. Einer der wesentlichen Punkte ist folgende Erkenntnis: Marketing sollte denjenigen Personen in der Kanzlei überlassen werden, die diesbezüglich Talent haben und Interesse an der Umsetzung entwickeln. So einfach und so überzeugend das klingt: Es hängt daran aber auch die nötige Konsequenz, dass diese Marketing-Person (in kleinen und mittleren Kanzleien üblicherweise auf Partner-Ebene) auch Zeit und Budget zur Verfügung gestellt bekommt, um die Marketing-Ziele der Kanzlei erreichen zu können – d. h. im Umkehrschluss, dass weniger Zeit bleibt, um Mandantenarbeit zu leisten. In den letzten Jahren hat die Zahl der "Marketing-Profis", für die in Kanzleien neue Stellen geschaffen wurden, zugenommen. Diese kümmern sich üblicherweise um den Web- und Social Media-Auftritt der Kanzleien, sowie Newsletter und Mandantenveranstaltungen (online und offline).
Der Umstand, dass grundsätzlich unter normalem Kanzleibetrieb niemand Zeit für Marketing hat, muss klar analysiert und im Vorfeld gelöst werden. Denn sonst gerät unweigerlich die Marketingarbeit der Kanzlei "unter die Räder", weil intuitiv Arbeit für Mandanten immer höher priorisiert wird als Kanzleientwicklung oder Marketing und Vertrieb. Diesem Umstand muss die Kanzleiführung auf struktureller Ebene begegnen – nämlich indem, wie Kotler schon 1977 vorschlägt, Zeit und Budget bereitgestellt werden, um Marketing-Arbeit zu erledigen. Diese Zeit- und Geldbudgets müssen folglich von der gesamten Kanzlei erarbeitet werden.
Marketingarbeit auf möglichst viele Schultern verteilen
In der Praxis haben sich Ansätze bewährt, Marketingarbeit auf möglichst viele Schultern zu verteilen, damit nicht zu viel Umsetzungsverantwortung auf einer Person lastet. Berücksichtigt werden sollte dabei, dass es jedem selbst überlassen wird, wie – mit welchen Methoden und Maßnahmen – vereinbarte Marketingziele wie Mehrumsatz oder Gewinnung von Neumandanten erreicht werden. Außerdem sollte für die nötige Unterstützung mit professionellen Marketingressourcen und Know-how sowie ggf. Training/Coaching gesorgt werden.
Es ist Aufgabe der Kanzleiführung, eine Unternehmenskultur und ein Anreizsystem zu schaffen, die die Marketing-Aktivitäten für die beteiligten Personen attraktiv werden lassen, wie z. B.:
- Marketing-Bemühungen werden schon kurzfristig honoriert (finanzielle und nichtfinanzielle Anerkennung).
- Marketing-Erfahrungen werden in kurzen Team- oder Partnersitzungen ausgetauscht und bewertet.
- Die Kanzleiführung geht mit gutem Beispiel voran.
- Es werden mit professionellem Marketingmaterial sowie ggf. Training, Beratung und Coaching die Marketingaktivitäten unterstützt.
- Marketingziele sind Bestandteil der regelmäßigen Zielvereinbarungen – sei es auf Partner- oder Mitarbeiterebene.
Es gibt viele Möglichkeiten für attraktives und zeitgemäßes Marketing. Die strategischen Kanzlei-Ressourcen lassen sich überwiegend langfristig rentabel entwickeln. Langfristige Ziele helfen Ihrer Kanzlei, unternehmerisch effektiv zu agieren. Wenn Sie es schaffen, aus gemachten Fehlern und erzielten Erfolgen aktiv im gesamten Team zu lernen ...