Entscheidungsstichwort (Thema)
Tierkörperbeseitigung als hoheitliche Tätigkeit. unberechtigter Umsatzsteuerausweis in Gebührenbescheiden eines Zweckverbands
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Land Thürigen ist die Entsorgung von Tierkörpern und tierischen Nebenprodukten allein den Gebietskörperschaften vorbehalten. Es handelt sich hierbei auch dann um eine hoheitliche Tätigkeit, wenn sie privaten Entsorgungseinrichtungen übertragen wird.
2. Weist ein kommunaler Zweckverband in seinen Gebührenbescheiden über die Tierkörperbeseitigung jeweils einen Mehrwertsteuerbetrag mit dem Hinweis aus, dass in der Entsorgungsgebühr durch den beauftragten (Entsorgungs-) Unternehmer – unter Angabe dessen Steuernummer – gesondert Mehrwertsteuer angefallen sei, stellt dieses Vorgehen einen ausreichenden Ausweis von Umsatzsteuer dar, um die umsatzsteuerrechtliche Verhaftung nach § 14c UStG auszulösen.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 1, 4, § 14c Abs. 2, § 2 Abs. 3 S. 1; KStG § 4 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 6
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte im Kalenderjahr 2007 Umsatzsteuer aus Gebührenbescheiden des Klägers nach § 14c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) festsetzen durfte.
Der Kläger ist ein Zweckverband von Städten und Gemeinden. Er erfüllt die Pflicht zur Beseitigung von Tierkörpern bzw. -Körperteilen auf der Grundlage des Tierkörperbeseitigungsgesetzes. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat er mit regionalen privaten Entsorgungsunternehmen Entsorgungsverträge (mit entsprechender Vergütungsvereinbarung) geschlossen.
Bis einschließlich 31. Dezember 2001 hat die öffentliche Hand die Kosten für die Tierkörperbeseitigung (sowie die Beseitigung sonstiger Erzeugnisse, die unter das Tierkörperbeseitigungsgesetz fallen) getragen (Kostenlast zu jeweils 1/3 Land, Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt und die Tierseuchenkasse).
Ab dem 1. Januar 2002 ist die Tierseuchenkasse nicht mehr an den Kosten für die Tierkörperbeseitigung beteiligt. Seither hatten die Tierhalter 1/3 der Beseitigungskosten selbst zu tragen.
Infolge dieser Neuregelung hatte der Kläger mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 an den Beklagten ein Auskunftsersuchen gerichtet, in dem er anfragte, ob in Gebührenbescheiden, die sich an gewerbliche Tierhalter richten, Mehrwertsteuer ausgewiesen werden kann. Das Finanzamt teilte ihm am 8. Januar 2002 mit, dass er in seiner Funktion als juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig sei, kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sei. Daher sei er nicht berechtigt, Umsatzsteuer in seinen Gebührenbescheiden auszuweisen.
Der Beklagte führte auf einen Hinweis hin bei dem Kläger eine Steuerfahndungsprüfung durch, die den Ausweis von Umsatzsteuer in Gebührenbescheiden zum Gegenstand hatte. Der Kläger hatte in seinen Gebührenbescheiden „einen Drittelbetrag der Entsorgungsgebühr” ausgewiesen. Die Bescheide enthielten beispielsweise folgenden Passus:
„In der Entsorgungsgebühr sind die durch S. GmbH E. (Steuernummer der GmbH) erhobenen 19 % Mehrwertsteuer i.H.v … Euro, berechnet auf das Nettoentsorgungsentgelt i.H.v. Euro… enthalten. Die Differenz zur Gesamtgebühr sind Verwaltungskosten des Zweckverbandes Tierkörperbeseitigung”.
Der Beklagte folgte der Einschätzung der Fahndungsprüfer, dass der Kläger wegen unberechtigten Umsatzsteuerausweises in seinen Beitragsbescheiden die ausgewiesene Umsatzsteuer auf der Grundlage des § 14c UStG schulde.
Der Kläger hatte nach der Prüfung die Tierhalter aufgefordert, gegebenenfalls geltend gemachte Vorsteuer zu korrigieren. Er legte insoweit Aufzeichnungen vor, auf deren Grundlage der Beklagte eine Umsatzsteuer in Höhe von 91.191,47 EUR festsetzte. Nach Angaben des Finanzamts hatte es in seiner Festsetzung Umsätze privater Tierhalter eliminiert, die keinen Vorsteuerabzug beantragen konnten sowie Leistungen an Unternehmer, die keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen bzw. den geltend gemachten Vorsteuerabzug berichtigt hatten. Beträge unter 10 EUR berücksichtigte das Finanzamt ebenfalls nicht.
Mit seinem Einspruch u.a. gegen den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 27. August 2009, geändert durch Bescheid vom 26. August 2011, machte der Kläger geltend, dass seine Gebührenbescheide nicht den formalen Anforderungen an eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 UStG entspreche. Es habe der Ausweis der Steuernummer oder eine vom Bundesamt für Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gefehlt. In den Gebührenbescheiden sei zudem deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Gebühr auf Leistungen basiert habe, die nicht er, der Kläger, sondern ein Dritter – nämlich die S. GmbH – erbracht habe. Auf sämtlichen Bescheiden habe jedoch auch die Anschrift dieses leistenden Unternehmens – und damit eine weitere Pflichtangabe nach § 14 UStG – gefehlt.
Die Empfänger der Gebührenrechnungen seien daher nicht dazu berech...