rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch bei Sprachaufenthalt des Kindes im Ausland. Ausbildung nur bei systematischem Sprachunterricht im Umfang von mindestens 10 Wochenstunden
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Au-pair-Verhältnis dient regelmäßig nicht der Ausbildung; es schließt die Berücksichtigung eines Kindes nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wegen einer anderweitigen Ausbildung jedoch ebenso wenig aus wie ein neben der Ausbildung bestehendes Wehrdienstverhältnis.
2. Wird während eines Au-pair-Verhältnisses ein begleitender systematischer Sprachunterricht von weniger als 10 Wochenstunden (im Streitfall 8,6 Wochenstunden) absolviert, liegt auch dann keine Ausbildung vor, wenn weitere Zeit zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung aufgewendet wird.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Strittig ist, ob die Klägerin einen Kindergeldanspruch für Mai 2011 bis September 2011 hat.
Die Klägerin ist die Mutter der am 14. Oktober 1986 geborenen A (im folgenden A). Sie bezog für A Kindergeld.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2012 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für A ab Januar 2010 auf und forderte das für Januar 2010 bis September 2011 überzahlte Kindergeld in Höhe von 3.864,00 EUR zurück. Die erforderlichen Ausbildungsnachweise seien nicht vorgelegt worden.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und teilte mit, dass A ihre Ausbildung zur Personaldienstkauffrau am 18. Januar 2011 beendet habe.
Mit Änderungsbescheid vom 6. November 2012 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für A ab Februar 2011 auf und forderte das für Februar 2011 bis September 2011 überzahlte Kindergeld in Höhe von 1.472,00 EUR zurück. Ab Februar 2011 befinde sich A nicht mehr in Berufsausbildung.
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. November 2012 wies die Familienkasse den Einspruch zurück. Der Sprachaufenthalt von August 2011 bis September 2012 stelle keine Berufsausbildung dar, da kein theoretisch-systematischer Sprachunterricht von mindestens 10 Unterrichtsstunden wöchentlich besucht worden sei.
Mit Schreiben vom 27. November 2012 reichte die Klägerin eine Praktikumsbestätigung und einen Praktikumsplan von A nach. Das Praktikum, das vom 21. Januar 2011 bis 8. April 2011 absolviert worden sei, sei in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt worden. Daher sei ihr Kindergeld für die strittige Zeit zu gewähren.
Mit Bescheid vom 2. April 2013 lehnte die Familienkasse diesen Antrag auf schlichte Änderung des Bescheides vom 6. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2012 ab. Die Absolvierung des Praktikums stelle keine Berufsausbildung dar.
Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Einspruch einlegen lassen. Eine Begründung erfolgte nicht.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2014 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass während des Au-pair-Verhältnisses von A keine Ausbildung absolviert worden sei. Sie habe nicht an einen wöchentlichen Sprachenunterricht von mindestens 10 Stunden teilgenommen.
Mit Bescheid vom 30. April 2015 änderte die Beklagte den Bescheid vom 02.04.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2014 gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO) und setzte für A Kindergeld von Februar 2011 bis April 2011 fest.
II.
Bereits am 21. Januar 2014 hat die Klägerin beim Thüringer Finanzgericht Klage erhoben. Sie, die Klägerin, habe Anspruch auf Kindergeld von Mai 2011 bis September 2011. Ab 29. August 2011 habe A eine Au-pair-Stelle in den Vereinigten Staaten von Amerika angetreten. A habe während des Aufenthaltes auch ein College besucht und dort insgesamt 450 Stunden Sprachunterricht innerhalb des Jahres absolviert. Sie habe dafür auch mehrere Zertifikate erhalten. Damit habe A wöchentlich durchschnittlich 8,6 Stunden Sprachunterricht genommen. Zusätzlich habe sie den Unterricht auch vor- und nachbereitet. Dies reiche aus, um eine Berufsausbildung anzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 6. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2012 in der Fassung des Bescheides vom 2. April 2013, dieser wiederum in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2014 in der Fassung des Bescheides vom 30. April 2015 dahingehend zu ändern, dass gegenüber der Klägerin Kindergeld für A für die Zeit von Mai 2011 bis September 2011 festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: A habe während ihres Au-pair-Aufenthaltes in den USA nicht wöchentlich durchschnittlich mindestens 10 Stunden Sprachunterricht erhalten. Die vorgelegten Zertifikate bestätigten die Teilnahme am Sprachunterricht außerhalb des vorliegend strittigen Zeitraums. Bei einem Au-pair-Aufenthalt liege nur dann eine Berufsausbildung v...