BMF, Schreiben v. 14.7.2000, IV D 1 - S 7303 a - 5/00
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Tätigkeiten, die ertragsteuerlich als Liebhaberei anzusehen sind, wie folgt Stellung genommen:
1. Unternehmereigenschaft
Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich – als Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft – jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht fehlt, Gewinn zu erzielen. Für die Annahme der Unternehmereigenschaft kommt es somit nicht darauf an, mit welchem Ergebnis eine Tätigkeit ausgeübt wird, sondern darauf, ob die Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Wenn Nachhaltigkeit gegeben ist (vgl. hierzuAbschn. 18 Abs. 2 UStR), kann nach geltendem Recht die Unternehmereigenschaft somit auch durch eine – auf Grund von Dauerverlusten – ertragsteuerlich als Liebhaberei eingestufte Tätigkeit erlangt werden.Art. 4 der 6. EG-Richtlinie steht dem nicht entgegen. Einer Auslegung des Begriffs der „wirtschaftlichen Tätigkeiten” i.S. desArt. 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie dahingehend, dass die Unternehmereigenschaft zu verneinen wäre, wenn auf Dauer gesehen keine Überschüsse (Gewinne) erzielt werden, wird daher nicht gefolgt.
2. Vorsteuerabzug
Die Aufwendungen im Zusammenhang mit einer ertragsteuerlichen Liebhaberei fallen nicht unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG, sondern sind bereits aus den übergeordneten Gesichtspunkten des § 2 EStG ertragsteuerlich unbeachtlich. Das bedeutet aus umsatzsteuerlicher Sicht, dass die Vorsteuer aus Vorbezügen für sog. Liebhabereibetriebe nicht unter das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG fallen.
Bei Unternehmern, für die § 4 Abs. 5 EStG ertragsteuerlich keine Bedeutung hat, weil sie keinen Gewinn zu ermitteln haben, ist für Umsatzsteuerzwecke darauf abzustellen, ob die Aufwendungen ihrer Art nach unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und Nr. 7 EStG fallen (vgl. Tz. 1.1 des BMF-Schreiben vom 5.11.1999, BStBl 1999 I S. 964). Dies gilt auch für sog. Liebhabereibetriebe.
Das betrieblich veranlasste Halten von Reitpferden ist regelmäßig als „ähnlicher Zweck” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG anzusehen. Deshalb ist die Vorsteuer aus den Anschaffungs- und Unterhaltungskosten von Reitpferden grundsätzlich nicht abziehbar § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG).
Allerdings ist es in Fällen, in denen sich die unternehmerische Tätigkeit in der Pferdezucht und der Teilnahme an Pferderennen erschöpft, mit dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG nicht vereinbar, den Vorsteuerabzug aus sämtlichen Vorbezügen für das Halten von Renn- und Zuchtpferden auszuschließen. Deshalb kann der Vorsteuerabzug in diesen (Ausnahme-)Fällen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG in Anspruch genommen werden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 a Nr. 1