Zahlung und Fälligkeit innerhalb des 10-Tages-Zeitraums
§ 11 EStG sieht für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, wie z. B. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, eine Ausnahmeregelung vor. Diese Ausgaben müssen im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abgezogen werden, selbst wenn sie beim Unternehmer schon kurze Zeit vor Beginn oder erst kurze Zeit nach Beendigung dieses Jahres abfließen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 EStG). Als "kurze Zeit" definiert die BFH-Rechtsprechung einen Zeitraum von bis zu 10 Tagen vor bzw. nach dem Jahreswechsel. Innerhalb dieses Zeitraums müssen die Zahlungen (nach Auffassung der Finanzverwaltung) fällig und geleistet worden sind.
Beispiel: Dauerfristverlängerung
A hat seine USt-Vorauszahlung für den Monat Dezember 2021 am 3.1.2022 durch Banküberweisung bezahlt. Da ihm eine Dauerfristverlängerung gewährt wurde, ist die Vorauszahlung eigentlich erst am 10.2.2022 fällig.
BFH lässt Frage offen
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung (OFD NRW, Kurzinfo 09/2014 vom 29.4.2016), dass ein Abzug abweichend geleisteter Zahlungen im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nur gelingt, wenn diese innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig und geleistet worden sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Dies war auch immer die Auffassung des BFH.
Der BFH hatte aber dann zwischenzeitlich geäußert (Urteil v. 8.3.2016, VIII B 58/15), dass bei der Frage, zu welchem Kalenderjahr eine Zahlung i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 EStG wirtschaftlich gehört, nicht auf die Fälligkeit abzustellen ist, sondern darauf, für welchen Zeitraum sie geleistet worden ist. In einem jüngeren Urteil (v. 27.6.2018, X R 44/16) hat er dann die Frage nach dem Fälligkeitserfordernis innerhalb des 10-Tages-Zeitraums ausdrücklich dahinstehen lassen.
Klarstellende Entscheidung durch den BFH
Der BFH hat aber nun entschieden (Urteil v. 16.2.2022, X R 2/21), dass regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben voraussetzen, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit gezahlt und auch fällig geworden sind.
Die eng zu begrenzende Vorschrift will Zufallsergebnisse vermeiden, die allerdings einträten, wenn jede zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt des Kalenderjahres fällige Ausgabe (bzw. Einnahme) auch dann noch diesem Kalenderjahr zugerechnet werden, wenn sie erst kurz nach Beginn des folgenden Kalenderjahres erbracht werden.
Ein Verzicht auf die Fälligkeit würde auf eine Übertragung der für die Bilanzaufstellung geltenden Grundsätze auf § 11 EStG hinauslaufen und damit dessen Sinn und Zweck erheblich überschreiten. Eine solche Handhabung widerspräche dem grundsätzlich für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung geltenden Prinzips der Kassenrechnung.
Beispielsfall auch entschieden
Auch für den hier dargestellten Beispielsfall hat der BFH aktuell entschieden (Urteil v. 21.06.2022, VIII R 25/20), dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des 10-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, erst bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist (hier dann 2022). Der VIII. Senat hat sich damit der Rechtsprechung des X. Senats angeschlossen.
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