rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug durch einen Strohmann als erfolglosen Unternehmer. Umsatzsteuer IV/1998 u. I–III/1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Strohmann kann umsatzsteuerlicher Unternehmer sein und als erfolgloser Unternehmer den Vorsteuerabzug auch dann erhalten, wenn es nicht zu Ausgangsumsätzen gekommen ist (hier: wegen vorheriger Insolvenz des Unternehmens); insoweit kommt es nicht auf die einkommensteuerlichen Merkmale der Unternehmerinitiative und des unternehmerischen Risikos, sondern darauf an, wer die zivilrechtlichen Verträge mit den Lieferanten, Kunden und anderen Geschäftspartnern geschlossen hat.
2. Der Vorsteuerabzug hängt nicht davon ab, ob der Unternehmer die Rechnungen selbst vollständig bezahlen konnte oder bezahlt hat.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 20.09.2004; Aktenzeichen V B 167/03) |
Tenor
Die Aufhebungsbescheide bezüglich der Umsatzsteuerfestsetzungen für das IV. Quartal 1998 und das I. Quartal 1999 vom 21. Oktober 1999 sowie die Ablehnungsbescheide bezüglich der Umsatzsteuerfestsetzung II. und III. Quartal 1999 vom 08. November 1999 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 30. März 2000 werden abgeändert und die Umsatzsteuer für das IV. Quartal 1998 wird auf ./. 3,02 EUR, die Umsatzsteuer für das I. Quartal 1999 auf ./. 3.704,05 EUR, die Umsatzsteuer für das II. Quartal 1999 auf ./. 60.911,12 EUR sowie die Umsatzsteuer für das III. Quartal 1999 wird auf ./. 37.572,93 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 96,5 v.H. und der Kläger zu 3,5 v.H.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger als umsatzsteuerlicher Unternehmer anzusehen ist.
Der Kläger, der sich ab 1. Oktober 1997 in einer Berufsausbildung zum Maler und Lackierer befand und dessen monatliches Bruttoeinkommen aus dieser Tätigkeit ca. 500 DM betrug, meldete am 1. Oktober 1998 ein Gewerbe „Kompostierung, Dienstleistungen jeder Art auf dem Gebiet der Kompostierung” in … an. Es sollte sich um die Übernahme des Betriebes der früheren … GmbH handeln. Angestellte waren u.a. die Mutter und der Vater des Klägers. Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 26. Juni 2001 mangels Masse abgelehnt.
Der Kläger beabsichtigte den Betrieb bzw. die Errichtung einer Kompostierungsanlage in … Hierzu nahm er erhebliche Investitionen vor. Er schaffte im Wege des Mietkaufs u.a. zwei Radlader, Wägeeinrichtungen und eine mobile Siebmaschine an. Zu Umsätzen kam es nicht.
Der Kläger reichte Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Beklagten mit folgenden Vorsteuerbeträgen ein:
IV. Quartal 1998 |
- 5,86 DM |
I. Quartal 1999 |
- 7.244,50 DM |
II. Quartal 1999 |
- 219.759,23 DM |
II. Quartal 1999 |
- 155.564,80 DM |
(berichtigt) |
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III. Quartal 1999 |
- 80.824,87 DM |
Am 23. Juli 1999 führte der Beklagte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung beim Kläger durch, und zwar für die Voranmeldungszeiträume IV/1998 bis II/1999. Dabei stellte der Beklagte fest, dass sämtliche vom Kläger zu leistende Ausgaben zuvor durch Zahlungen vom Bankkonto des …, dem Onkel des Klägers, durch Zahlung auf das Bankkonto des Klägers finanziert wurden. Zudem hatte der Kläger mit … am 10. Februar 1999 einen Darlehensvertrag über 250.000 DM geschlossen. Dieses Darlehen stellte die Firma … Klärschlammbeseitigung der Fa. zur Finanzierung von Investitionsgütern zur Verfügung.
Als Handelnde traten regelmäßig der Vater … bzw. die Mutter … für den Kläger auf, der mit den betrieblichen Belangen in keiner Weise vertraut war. Der Kläger äußerte gegenüber dem Betriebsprüfer, er habe keine Zeit, sich um das Geschäft zu kümmern und habe seinem bei ihm angestellten Vater die Geschäftsführung überlassen.
Der Beklagte hat die vom Kläger angemeldete Lohnsteuer vereinnahmt und den Kläger unstreitig als Arbeitgeber angesehen … darf – hierüber besteht zwischen den Beteiligten ebenfalls kein Streit – gewerberechtlich nicht als Unternehmer bzw. Geschäftsführer einer GmbH tätig werden. Die Buchführungsarbeiten erledigte …, die übrigen kaufmännischen Angelegenheiten und Behördenangelegenheiten
Während der Prüfung erklärte der Kläger, es sei beabsichtigt, in … auf einem Grundstück des … eine Kompostierungsanlage zu errichten, die sich bereits seit 1996 durch die Fa. … in Bau befinde. Die Arbeitnehmer des Klägers führten mit den angeschafften Maschinen auf dem Grundstück unstreitig Arbeiten zur Herstellung der Baufreiheit und zur Beräumung der Flächen durch, indem u.a. Holzstrukturmaterial aussortiert und Substrat aussortiert und gelagert wurden.
Der Beklagte erließ am 21. Oktober 1999 Aufhebungsbescheide bezgl. der Umsatzsteuerfestsetzungen für das IV. Quartal 1998 und das I. Qu...