Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Beschränkung der Umsatzsteuerbefreiung auf legale Glücksspiele
Leitsatz (redaktionell)
Die Rechtsprechung des EuGH, wonach ein Mitgliedsstaat die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels nicht der Umsatzsteuer unterwerfen darf, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist, betrifft alle legal in öffentlich zugelassenen Spielbanken mit Umsatzsteuerbefreiung veranstalteten Glücksspiele.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. f.; UStG § 4 Nr. 9 Buchst. b; GewO § 33h Nr. 3; StGB § 284
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger war im Streitjahr nach den Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung A-Stadt Betreiber eines Spielkasinos inB-Stadt. Konzessionsinhaber war einA. Nach der für den Betrieb eines derartigen Betriebes erforderlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundeskriminalamtes durften in dem Spielkasino sog. „EU-Roulette” als Kugel-Beobachtungsspiel und „Jeu 21” als Karten-Memory-Spiel gespielt werden. Tatsächlich wurden in dem Spielkasino jedoch die - nicht zugelassenen - Glücksspiele „Roulette” und „Black Jack” in der Weise wie in zugelassenen öffentlichen Spielbanken betrieben. Wegen der weiteren Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung A-Stadt wird auf den Bericht vom 28.02.1995 Bezug genommen.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Kläger habe durch den Betrieb des Spielkasinos steuerbare und steuerpflichtige Umsätze getätigt und setzte mit Umsatzsteuerbescheid 1990 vom 15.09.1995 eine Steuer von 41.842.- DM fest.
Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, er sei niemals Inhaber bzw. wirtschaftlicher Betreiber des fraglichen Spielkasinos gewesen. Selbst wenn man ihm die dort getätigten Umsätze zurechne, seien diese unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 18.06.1998 Rs. C-283/95 - Fischer - steuerbefreit.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1990 vom 15.09.1995 und die Einspruchsentscheidung vom 24.04.1996 aufzuheben,
hilfsweise, dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Fällt die unerlaubte Veranstaltung des Spiels „Jeu 21”, wenn es als Glücksspiel in der Form des „Black Jack” veranstaltet wird, in den Anwendungsbereich der 6. EG-Richtlinie?
2. Ist Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Veranstaltung des Glücksspiels „Black Jack” durch Private nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen darf, weil die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist?
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, das vom Kläger angeführte EuGH-Urteil könne allenfalls auf das nicht genehmigte Roulettespiel, nicht jedoch auf das in dem Spielkasino veranstaltete Kartenspiel angewandt werden.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die nach dem rechtskräftigen Zwischenurteil vom 19.01.2000 zulässige Klage ist auch begründet.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die in dem fraglichen Spielkasino getätigten Umsätze nach umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen dem Kläger zuzurechnen sind. Auch wenn man dies zugunsten des Beklagten unterstellt, war gegenüber dem Kläger keine Umsatzsteuer festzusetzen, da die in dem Spielkasino getätigten Umsätze steuerbefreit sind.
Gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden, von der Steuer.
Bei den beiden im Streitfall zu beurteilenden Spielen „Roulette” und „Black Jack” handelt es sich um Glücksspiele mit Geldeinsatz, die in den Anwendungsbereich der genannten Vorschrift fallen. Als Glücksspiel ist ein Spiel anzusehen, bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen und vom Grade der Aufmerksamkeit der Spieler bestimmt wird, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt. Als Zufall ist dabei das Wirken einer unberechenbaren, der entscheidenden Mitwirkung der Beteiligten in ihrem Durchschnitt entzogenen Ursächlichkeit anzusehen (Tröndle/Fischer, StGB, § 284 Rn. 3; Eser in Schönke/Schröder, StGB, § 284 Rn. 5; Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, § 33 d Rn. 4). Danach sind sowohl „Roulette” als auch „Black Jack” als Glücksspiele anzusehen (vgl. dazu auch Hess. VGH, Beschluss vom 03.01.1995 - 8 TG 2939/94, NVwZRR 1995, 326) und nach der o. g. Richtlinienvorschrift grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit.
Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten grundsätzlich, Bedingungen und Beschränkungen der Steuerbefreiung festzulegen.
Das nationale Recht befreit in § 4 Nr. 9 Bu...