OFD Frankfurt, Verfügung v. 10.9.2010, S 7162 A - 8 - St 112
1. Allgemeines
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Unternehmern, die beim Verkauf eines Grundstücks gleichzeitig die Verpflichtung eingehen, auf diesem noch zu übertragenden Grundstück ein Gebäude zu errichten oder ein auf dem Grundstück stehendes Gebäude zu sanieren, wird folgende Auffassung vertreten:
1.1 Leistungsgegenstand
Der Unternehmer erbringt neben der Grundstücksübertragung eine Vielzahl von Bau- bzw. Sanierungsleistungen. Besteuerungsgegenstand (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) ist grundsätzlich die jeweils ausgeführte Leistung. Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung, den Leistungsgegenstand, durch die Beteiligten (Leistender und Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit.
Umsatzsteuerrechtlich sind die Leistungen jedoch einheitlich zu beurteilen, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und als ein unteilbares Ganzes anzusehen sind (Abschn. 29 Abs. 1 Satz 4 UStR).
Grundstücksübertragung und Bau- und Sanierungsleistungen sind dann als untereinander gleichwertige, zur Erreichung eines einheitlichen wirtschaftlichen Ziels beitragende und aus diesem Grund zusammengehörende Faktoren anzusehen, wenn sie so ineinander greifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten, also etwas selbständiges „Drittes” bilden (Abschn. 29 Abs. 2 UStR).
Die Einbeziehung der Bau- bzw. Sanierungsleistungen in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer begründet für sich allein noch nicht das Vorliegen einer einheitlichen nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerbefreiten Leistung.
1.2 Einheitlichkeit der Leistung
Für die Frage, ob ein Unternehmer neben einer steuerfreien Grundstückslieferung auch steuerpflichtige Bau- oder Sanierungsleistungen erbringt, ist maßgeblich darauf abzustellen, auf wessen Rechnung die Errichtung bzw. Sanierung des Gebäudes erfolgt.
1.2.1 Bauträgermodell
Eine Gebäudeerrichtung auf Rechnung des Veräußerers liegt immer dann vor, wenn von einem sog. Bauträgermodell auszugehen ist.
Ein sog. Bauträgermodell ist regelmäßig gegeben, wenn ein notarieller Vertrag geschlossen wird, in dem dem Erwerber ein Grundstück oder ein Anteil an einem Grundstück veräußert wird und der Veräußerer ferner die Verpflichtung eingeht, auf dem veräußerten Grundstück ein Gebäude zu errichten, fertig zu stellen bzw. zu sanieren. Dieser Vertrag enthält zivilrechtlich Elemente des Kaufvertrages (§§ 433 ff BGB) und des Werkvertrages (§§ 631 ff. BGB).
Bauträgermodelle sind dabei von folgenden Indizien geprägt:
- Das zivilrechtliche Eigentum an dem Grundstück bzw. der Miteigentumsanteil soll erst nach Zahlung der letzten Rate auf den Erwerber übergehen. Zur Sicherung des Erwerbers ist jedoch unmittelbar eine Auflassungsvormerkung eingetragen.
- Dem Erwerber wird gestattet, das Objekt bereits unmittelbar nach Abschluss des Notarvertrages zu Finanzierungszwecken mit Grundschulden bis zum Gesamtpreis (ggf. zzgl. Gebühren) zu belasten.
- Für die Übertragung des bezugsfertigen Gebäudes wird ein Festpreis vereinbart. Eigenleistungen und Sonderwünsche können den Kaufpreis im Nachhinein mindern bzw. erhöhen.
- Nutzen und Lasten sollen mit der Schlussübernahme des Objektes übergehen.
- Ansprüche gegen die am Bau tätigen Handwerker soll der Erwerber häufig direkt diesen gegenüber geltend machen. Der Veräußerer tritt regelmäßig vertraglich erst dann wieder ein, wenn eine Abhilfe durch den Handwerker unmöglich ist.
Nach den Gesamtumständen stellt sich bei sog. Bauträgermodellen der Grundstückskäufer nicht als Bauherr, sondern vielmehr als (bewusster) Erwerber eines bebauten bzw. sanierten Grundstücks dar. In diesen Fällen erbringt der Grundstücksveräußerer umsatzsteuerrechtlich eine einheitliche Leistung in Form der Übertragung eines bebauten Grundstücks. Die Grundstücksübertragung und die Bauleistung greifen so ineinander, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem bebauten bzw. sanierten Grundstück als Leistungsgegenstand zurücktreten.
Entsprechend sind auch die Fälle zu behandeln, in denen die Erbringung von Bau- bzw. Sanierungsleistungen in einem gesonderten Vertrag vereinbart sind, inhaltlich aber den sog. Bauträgermodellen entsprechen.
Die Veräußerung des Grundstücks und die Ausführung der Bau- bzw. Sanierungsleistungen sind somit in diesen Fällen als einheitliche Leistung zu beurteilen. Diese ist nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei, da die Übertragung von bebauten bzw. sanierten Grundstücken der Grunderwerbsteuer unterliegt. Der leistende Unternehmer hat insoweit kein Recht auf Vorsteuerabzug.
1.2.2 Sonstige Fälle
In anderen Fällen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Gebäudeerrichtung bzw. -sanierung auf Rechnung des Erwerbers erfolgt. In diesen Fällen sind Grundstücksübertragung und Bau- bzw. Sanierungsleistung nicht so miteinander verbunden, dass sie hinter dem bebauten Grundstück als Leistungsgegenstand zurücktreten.
In diesen Fällen sind Grundstückslieferung und Bau- bzw. Sanierungsleistung getrennt voneinander zu beurteilen. Die...