OFD Niedersachsen, Verfügung v. 14.9.2016, S 7168 - 132 - St 173

In der Besteuerungspraxis bestehen unterschiedliche Auffassungen zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Zahlungen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb von Windkraftanlagen (WKA) an den Grundstückseigentümer und/oder Grundstückspächter geleistet werden. Hierzu wird ein Vertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Betreiber der WKA abgeschlossen, in dem sich der Eigentümer verpflichtet, dem Betreiber ein im Vertrag näher bezeichnetes Grundstück oder einen Grundstücksteil für den Bau und den Betrieb einer WKA einschließlich notwendiger elektrischer Infrastruktur, Montageflächen sowie für die erforderlichen Zuwegungen und das Recht der windenergetischen Ausnutzung des Grundstücks zu überlassen. Außerdem verpflichtet sich der Grundstückseigentümer in der Regel, auf den betreffenden Grundstücksteilen keine Bauwerke oder Hindernisse (z.B. Bäume) zu errichten, die die Betriebsergebnisse der WKA beeinträchtigen könnten. Daneben kann sich der Eigentümer verpflichten, zugunsten des Nutzungsberechtigten beschränkte persönliche Dienstbarkeiten auf den überlassenen Grundstücken eintragen zu lassen.

Für die Überlassung des Grundstücks zum Bau und Betrieb der WKA vereinbaren die Beteiligten neben dem Entgelt für die Nutzung des Grundstücks/Grundstücksteils häufig weitere Gegenleistungen, so z.B. Entschädigungen für die Nutzungsbeeinträchtigung des Eigentümers und für Schäden, die beim Bau und Betrieb der Anlagen entstanden sind.

Der Grundstückseigentümer überlässt dem Betreiber der WKA eine bestimmte, nur diesem zur Verfügung stehende Grundstücksfläche unter Ausschluss anderer zum Gebrauch und erbringt damit eine steuerfreie Grundstücksvermietung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Abschn. 4.12.1 Abs. 2 UStAE). Nach dem BFH-Urteil vom 11.11.2004, V R 30/04 (BStBl 2005 II S. 802) handelt es sich bei der Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten für eine Überlandleitung, der Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke und die Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Sicherung dieser Rechte um eine einheitliche sonstige Leistung, die nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei ist. Die Ausgleichszahlung für beim Bau einer Überlandleitung entstehende Flurschäden durch deren Betreiber an den Grundstückseigentümer ist Entgelt für die Duldung der Flurschäden durch den Eigentümer. Die Duldung der Verursachung baubedingter Flurschäden ist eine bloße Nebenleistung zu der einheitlichen Leistung „Duldung der Errichtung und des Betriebs einer Überlandleitung”, die ebenso wie jene nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG Buchst. a von der Umsatzsteuer befreit ist. Diese Grundsätze sind nach dem BMF-Schreiben vom 18.10.2005, IV A 5 – S 7100-148/05 (BStBl 2005 I S. 997) auf ähnlich gelagerte Sachverhalte und damit auch auf die Überlassung von Grundstücken zum Bau und Betrieb von WKA anzuwenden.

Sämtliche vom Betreiber an den Grundstückseigentümer gezahlten Beträge sind nach den vorstehenden Grundsätzen als Entgelt für die steuerbefreite einheitliche Leistung „Duldung der Errichtung und des Betriebs von WKA” zu beurteilen. Das gilt auch dann, wenn Zahlungen sowohl an den Grundstückseigentümer als auch an den Grundstückspächter erfolgen (vgl. BMF-Schreiben vom 18.10.2005 – a.a.O.). Auch der Grundstückspächter überlässt einen Teil des von ihm bewirtschafteten Grundstücks an den Betreiber und erbringt damit eine Vermietungsleistung im Sinne des § 4 Nr. 12a UStG.

Werden von den Betreibern der WKA dagegen Zahlungen an Personen geleistet, die nicht Eigentümer oder Nutzungsberechtigte des betreffenden Grundstücks sind (z.B. für die Duldung der Errichtung der WKA und/oder für den Verzicht auf die Errichtung von Bauwerken, die das Betriebsergebnis der WKA beeinträchtigen könnten), liegen keine Vermietungsleistungen im Sinne des § 4 Nr. 12a UStG vor. Diese Leistungen sind somit steuerpflichtig.

Verzicht auf die Steuerbefreiung

Der Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigte kann unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten. Die Option ist an keine besondere Form gebunden. Sie erfolgt, wenn der leistende Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer abrechnet. Der Verzicht kann auch in anderer Weise (durch schlüssiges Verhalten) erklärt werden, soweit aus den Erklärungen oder sonstigen Verlautbarungen, in die das gesamte Verhalten einzubeziehen ist, der Wille zum Verzicht eindeutig hervorgeht (Abschn. 9.1 Abs. 3 S. 5 ff. UStAE).

Zweifel an einer Option durch den leistenden Unternehmer können bestehen, wenn eine Abrechnung durch den Betreiber in Form einer Gutschrift im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG mit offenem Steuerausweis erfolgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei dem leistenden Unternehmer um einen pauschalversteuernden Landwirt gemäß § 24 UStG oder um einen Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG handelt. Ich bitte, in diesen Fällen von...

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