Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Leistung bei Hochseeangelfahrten
Leitsatz (redaktionell)
Bei mehrtägigen Hochseeangelfahrten, bei denen der Unternehmer gegenüber dem Kunden Angelreisen mit Vollpension und der Berechtigung vom Schiff aus zu angeln sowie den Fang zu verarbeiten und zu frosten erbringt, bestimmt sich der Leistungsort nicht nach § 3 b Abs. 1 UStG. Anders als bei den üblichen Schiffspauschalreisen wird die einheitliche Leistung nicht von der Beförderung geprägt.
Hochseeangelfahrten erfüllen als Sport- und Vergnügungsfahrten nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach §§ 4 Nr. 2, 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG.
Normenkette
UStG § 3a Abs. 2, § 3b Abs. 1, § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist zum einen streitig, ob es sich bei den vom Kläger durchgeführten Hochseeangelfahrten umsatzsteuerlich um eine Beförderungsleistung gemäß § 3 b Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) oder um eine sonstige Leistung handelt, bei der sich der Ort der Leistung nach § 3 a Abs. 1 UStG bestimmt, und ob die Umsätze gem. § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG steuerfrei sind.
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag 1997 das im Schiffsregister als Frachtschiff eingetragene Schiff MS "X". Seitdem bietet er mehrtägige Hochseeangelreisen an. Dieses Schiff war als Hochseefischereifahrzeug gebaut worden. Im Jahre 1994 wurde es als Hochseeangelfahrzeug umgebaut. Es hat 2- und 4-Bettkabinen mit Dusche und WC für jede Kabine und einen Salon. Auf dem Schiffsdeck befindet sich ein Schlachtplatz und es besteht die Möglichkeit, den Fang direkt nach der Verarbeitung zu frosten. Der Kläger bietet den Interessenten mehrtägige Angelreisen mit Vollpension und Übernachtung an. An Bord besteht die Möglichkeit, Getränke und Zigaretten zu erwerben. Angelzubehör bringen die Gäste selbst mit. Außer sog. Pilkern und Angelhaken hat der Kläger kein Angelzubehör im Sortiment. Alle mit dem Angeln in Zusammenhang stehenden Leistungen, insbesondere die Beschaffung der notwendigen Fangutensilien, Köder, gehören nicht zum Angebotsumfang. Der Kläger bietet Hochseeangeln in drei Fanggebieten in der Ostsee von verschiedenen Abfahrtshäfen an (Preise durchschnittlich 180,-- DM pro Tag und Person). Vom ersten bis zum letzten Angeltag wird eine "Pokal-Angelzeit" angeboten, deren Pokalverleihung am Ende der Angelreise stattfindet. Für die besten Angler des Jahres 2001 gab es einen Tag Hochseeangeln gratis. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prospekt sowie den Auszug aus dem Internet Bezug genommen. In einem Existenzgründungsgutachten für den Kläger werden die Angelreisen auch als Angelkreuzfahrten bezeichnet.
Der Kläger hat in den Streitjahren diese Hochseeangelreisen als nicht steuerbare Beförderungen angesehen und nicht der Umsatzsteuer (USt) unterworfen. Im Rahmen einer USt-Sonderprüfung für die Streitjahre kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Durchführung der so genannten Angelkreuzfahrten eine sonstige Leistung und keine Beförderungsleistung darstelle mit der Folge, dass der Ort der Leistung sich aus § 3 a Abs. 1 UStG ergebe und somit steuerpflichtig sei. Der Prüfer erhöhte die steuerpflichtigen und nicht steuerfreien Reiseumsätze zu 15 % für 1997 um … DM, für 1998 um … DM, zu 16 % für 1998 um … DM für 1999 um … DM, für 2000 um … DM und für 2001 um … DM. Daneben änderte der Prüfer noch weitere hier nicht streitige Besteuerungsgrundlagen.
Das Finanzamt (FA) folgte der Auffassung des Prüfers und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steueranmeldungen für die Jahre 1997 bis 2001 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO), jeweils durch Bescheide vom 2. Oktober 2002 und wiederum geänderte Bescheide vom 4. April 2003 für die Jahre 1998, 2000 und 2001. Es setzte Umsatzsteuern für 1997 auf … DM, für 1998 auf … DM, für 1999 auf … DM, für 2000 auf … DM und für 2001 auf … DM fest. Hiergegen erhob der Kläger Einsprüche und beantragte die Aussetzungen der Vollziehung (AdV). Durch Beschluss vom 25. Oktober 2004 gewährte der Senat unter dem Az.: 4 V 31/03 die AdV.
Durch Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2005 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, der Kläger erbringe keine Beförderungsleistung, sondern unter Gesamtwürdigung aller Umstände ein sog. Leistungspaket, bei dem die Beförderung lediglich eine Nebenleistung darstelle. Die den Kunden eingeräumte Möglichkeit, den Angelsport auf hoher See auszuüben, stünde in einem untrennbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der damit zwangsweise verbundenen Beförderungsleistung. Die Beförderung auf dem Hochseefischereifahrzeug sei unabdingbare Voraussetzung für das nachfolgende Hochseeangeln. Bei einer Betrachtung des wirtschaftlichen Gehalts der Tätigkeit des Klägers trete die Beförderung gegenüber dem Angelsport eindeutig in den Hintergrund. Für die Angelkunden des Klägers stünde nicht die Beförderung im Vordergrund, sondern das Angelvergnügen...