Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Entgeltminderung nach § 17 UStG aufgrund einer Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter des Vertragspartners
Leitsatz (redaktionell)
Eine Entgeltminderung nach § 17 UStG kommt auch in Betracht, soweit ein Auftragnehmer bereits erhaltene Anzahlungen seines in die Insolvenz geratenen Vertragspartners anteilig zwar nicht zurückzahlt, er diese aber als Verrechnungsposten im Rahmen der Schadensermittlung nach § 103 InsO einbehält.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 2; InsO § 103
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Insolvenzverwalter über das Vermögen ihres Vertragspartners eine Minderung der Bemessungsgrundlage in vollem Umfang anzunehmen ist oder nur insoweit, als die Klägerin von ihrem Vertragspartner tatsächlich erhaltene Anzahlungen aufgrund der Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter zurückgezahlt hat.
Die Klägerin schloss im November 2007 mit der X AG (Auftraggeberin) einen Vertrag über den Bau eines Formensatzes für die Boots-Linie "A" und der anschließenden Anfertigung von drei Booten. Der Bau des Formensatzes sollte durch das Fräsen eines Modells und der anschließenden Erstellung einer Negativform erfolgen.
Mit Rechnung vom 26. November 2007 erteilte die Klägerin der X AG eine Anzahlungsrechnung für Fräsarbeiten und die Anfertigung eines Formensatzes gemäß Vertrag vom 19. November 2007 und Auftragsbestätigung vom 22. November 2007 in Höhe von 360.000,00 € netto zzgl. 68.400,00 € Umsatzsteuer, also insgesamt 428.400,00 €. Darauf leistete die Auftraggeberin - unter Berücksichtigung von vereinbarten 3 % Skonto - 415.548,00 € brutto. Die darin enthaltene Umsatzsteuer wurde von der Klägerin an das Finanzamt abgeführt.
Vor Fertigstellung/Abnahme und Auslieferung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts am 12. Dezember 2008 über das Vermögen der X AG das vorläufige Insolvenzverfahren und am 11. Februar 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter und Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt B bestellt. Der vorläufige Insolvenzverwalter lehnte die Erfüllung des Vertrages vom 19. November 2007 ab (§ 103 Insolvenzordnung) und forderte die geleistete Anzahlung zurück. Die Klägerin lehnte zunächst die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung ab. Unter dem 4. Februar 2009 unterbreitete die Klägerin ein unwiderrufliches Angebot zum Abschluss eines Kauf- und Vergleichsvertrages, welches der zwischenzeitlich bestellte Insolvenzverwalter am 20. Februar 2009 annahm. § 7 dieses Vertrages lautet:
Die Parteien streiten über die Bezahlung des Formensatzes und die daraus zu bauenden drei Boote für die Jachten "A", die sich bei der C GmbH (...) befinden. Die Schuldnerin ist der Meinung, Ansprüche auf Herausgabe der Formen und der Boote, jedenfalls aber entsprechende Anwartschaftsrechte erworben zu haben. Die Käuferin bestreitet die von der Schuldnerin vorgetragenen Gewährleistungsansprüche u.a. wegen Verzug und Schlechtleistung dem Grunde und der Höhe nach. Zur abschließenden Beilegung dieses Streits schließen die Parteien folgenden Vergleich:
a. Die Käuferin zahlt einen Betrag von Euro 250.000,00 an den Verkäufer.
b. Die Parteien sind sich einig, dass die o.a. Formen und drei Boote nicht an die Schuldnerin übereignet wurden.
c. An den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen hinsichtlich der drei Boote ändert sich durch diesen Vertrag der jetzige Zustand nicht.
d. Der Werkvertrag zwischen der Schuldnerin und der Käuferin über die Formen und drei Boote wird grundsätzlich kostenneutral aufgehoben. Die Käuferin erhält jedoch das Recht, entsprechend § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO einen etwaigen durch die Aufhebung der Verträge nachzuweisenden Schaden aufgrund des Nichteintritts zur Insolvenztabelle anzumelden. Die Parteien sind sich einig, dass maximal 150.000 € zur Tabelle angemeldet werden dürfen.
e. Darüber hinaus erteilen sich die Parteien wegen der Verträge die Herstellung der benannten Formen und Boote betreffend Generalquittung.
Am 6. Februar 2009 stornierte die Klägerin die ursprüngliche Anzahlungsrechnung und minderte ihre steuerpflichtigen Umsätze entsprechend. In ihrer am 21. Januar 2011 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2009 erklärte sie u.a. Lieferungen und sonstige Leistungen zu 19 % in Höhe von -25.038,00 €.
Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für das Streitjahr vertrat der Umsatzsteuersonderprüfer die Auffassung, dass es sich bei der Zahlung aufgrund des Vergleichsvertrages in Höhe von 250.000,00 € um eine Rückzahlung der ursprünglich erhaltenen Anzahlung handele. In Höhe der nicht zurückgezahlten Anzahlung habe die Klägerin an die Auftraggeberin eine steuerpflichtige Leistung erbracht. Eine umsatzsteuerlich wirksame Korrektur der ursprünglichen Anzahlungsrechnung komme daher nur hinsichtlich des Betrages in Betracht, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt worden sei (Verweis auf BFH-Urteil vom 15. September 2011, V R 36/09). Das Finanzamt erhöhte daraufhin die steuerpflichtigen U...