OFD Koblenz, Verfügung v. 27.12.2006, S 7177 A - St 44 2
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer setzt voraus, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass der Steuerpflichtige die gleichen kulturellen Aufgaben wie die Theater, Orchester usw. der öffentlichen Hand erfüllt.
Die Anwendung der Steuerbefreiung ist nicht in das Belieben des Unternehmers gestellt. Ein Wahlrecht, durch Nichtvorlage einer Bescheinigung auf die Steuerbefreiung zu verzichten, besteht nicht. Liegen die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Umsätze vor, ist die zuständige Landesbehörde von Amts wegen einzuschalten (Abschn. 110 i.V.m. Abschn. 114 Abs. 2 UStR).
Diese Auffassung der Finanzverwaltung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 4.5.2006, 10 C 10.05 bestätigt:
Die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG setze keinen Antrag des Unternehmers voraus. Der Bescheinigungsbehörde stehe bei einem entsprechenden Ersuchen der Finanzverwaltung kein Handlungsermessen zu. Die Bescheinigung sei zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG vorliegen.
Im Anschluss an das vorgenannte Urteil des BVerwG hat die Klägerin gerügt, dass diese Auffassung im Zusammenwirken mit der vom Bundesfinanzhof (Urteil vom 24.9.1998, V R 3/98, BStBl 1999 II S. 147) angenommenen Rückwirkung einer Bescheinigung im Ergebnis dazu führe, dass der Gesetzesvollzug dann in das Belieben der Finanzverwaltung gestellt sei und der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz missachtet werde. Deshalb hätte die angefochtene Bescheinigung nicht für Zeiträume ausgestellt werden dürfen, die vor dem Datum des Antrags der Finanzverwaltung lägen.
Das BVerwG hat die Revision mit Urteil vom 11.10.2006, 10 C 4.06 zurückgewiesen und folgende Leitsätze formuliert:
- Die Prüfung der Frage, ob es unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes geboten sein kann, getätigte Umsätze etwa erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG als steuerfrei zu behandeln, obliegt dem FA und im Streitfall dem Finanzgericht (im Anschluss an BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.8.2006, 1 BvR 1673/06). Dies gilt auch dann, wenn die Bescheinigung eine Aussage dazu enthält, seit wann von dem Unternehmen „die gleichen kulturellen Aufgaben” erfüllt worden sind.
- Mit dem Einwand, er betreibe kein Unternehmen, das einer der in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG genannten Einrichtungen gleichartig sei, kann der Steuerpflichtige nicht eine Entscheidung dieser Frage im Bescheinigungsverfahren oder im nachfolgenden Verwaltungsprozess erzwingen.
Die OFD bittet, in diesen Fällen nach den vorgenannten Grundsätzen zu verfahren.
Normenkette
UStG 4 Nr. 20