Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unionsrechtliche Grundlage des § 4 Nr. 16 UStG ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, nach dem die Mitgliedstaaten "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden", von der Umsatzsteuer befreien (vgl. hierzu auch Pieske-Kontny, StBp 2024, 10).
Rz. 10
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach Art. 134 MwStSystRL sind Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, m oder n MwStSystRL ausgeschlossen, wenn sie
- für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;
- im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden.
Rz. 11
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Urteil vom 11.05.2023 (Rs. C-620/21, Momtrade Ruse, MwStR 2023, 574 m. Anm. Erdbrügger/Geise) entschied der EuGH, dass auch soziale Dienstleistungen, die an natürliche Personen erbracht werden, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem wohnen, in dem der Leistungserbringer seinen Sitz hat, steuerfrei sein können und es für die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst g MwStSystRL irrelevant ist, dass der Leistungserbringer eine in diesem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft in Anspruch genommen hat, um seine Kunden zu kontaktieren. Dabei obliegt es dem Besteuerungsmitgliedstaat – d. h. bei Leistungserbringung an natürliche Personen i. d. R. dem Ansässigkeitsstaat des Dienstleistungserbringers –, in den Grenzen des Unionsrechts die einrichtungsbezogenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung festzulegen, auch wenn die Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird. Schließlich führte der EuGH noch aus, dass die bloße Eintragung einer Gesellschaft, die soziale Dienstleistungen erbringt, bei einer öffentlichen Einrichtung des Besteuerungsmitgliedstaats nur dann für die einrichtungsbezogene Anerkennung des sozialen Charakters i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausreiche, wenn die zuständige nationale Behörde zuvor den sozialen Charakter dieser Gesellschaft für Zwecke der Bestimmung geprüft hat.