Dipl.-Betriebsw. Karl Birgel
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 3g UStG bestimmt den Ort der Lieferung bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz (Lieferungen von Gas in Flaschen, z. B. Industriegase oder Campinggas, sind ausgenommen; hier gelten die allgemeinen umsatzsteuerlichen Bestimmungen des Ortes der Lieferung nach § 3 UStG), Elektrizität, Wärme oder Kälte. Der Begriff "Gas" umfasst die verschiedensten Formen von Gas, so auch verflüssigtes Erdgas, Biogas, Gas aus Biomasse u. a. Ausnahme: Die Lieferung von Kohlendioxyd als Gas fällt nicht unter diese Regelung, da Kohlendioxyd technisch nicht sicher in das Erdgasnetz eingespeist und darüber befördert werden kann. Zur Abgrenzung der Lieferungssachverhalte im Fall von Elektrizität vgl. Rz. 89.
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Erdgasspeicheranlagen zur Speicherung von Erdgas, in erster Linie Kavernen- oder Porenspeicheranlagen, sind technisch und räumlich unmittelbar mit den Leitungen des Erdgasnetzes verbunden. Die in diesem System vorhandenen Gasmengen sind physisch nicht voneinander abgrenzbar und unterliegen einer unkontrollierten Vermischung innerhalb des Verbundes. Die Speicheranlagen bilden dadurch mit dem angeschlossenen Erdgasleitungsnetz eine Einheit und sind Teil des Netzes i. S. d. § 3g UStG (vgl. Abschn. 3g Abs. 1 S. 3 UStAE). Der Ort der Lieferung von Mindest- und Arbeitsgas in mit dem Netz verbundenen Erdgasspeichern – ohne eine tatsächliche Ausspeicherung von Gas – bestimmt sich folglich unter den weiteren dort genannten Voraussetzungen nach § 3g UStG (BMF vom 23.01.2017, III C 2 – S 7124/10/10001 :001, BStBl I 2017, 108).
Umsatzsteuerlich richtet sich der Ort einer Lieferung grundsätzlich nach § 3 Abs. 6 bis 8 UStG, abhängig davon, ob es sich z. B. um eine bewegte oder eine unbewegte Lieferung handelt, ob eine Lieferkette vorliegt etc. Aufgrund von § 3 Abs. 5a UStG gehen jedoch die §§ 3c, 3e, 3f und 3g UStG als Spezialvorschriften den allgemeinen Ortsbestimmungen des § 3 UStG vor. Somit handelt es sich bei der Ortsbestimmung nach § 3g UStG um eine Spezialvorschrift.
Die Gas- und Elektrizitätsrichtlinie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Liefergegenstände Gas und Elektrizität physisch nur sehr schwer verfolgt werden können und es insofern äußerst schwierig ist, den Ort der Lieferung nach den allgemeinen Ortsvorschriften (§ 3 Abs. 6 S. 1 und § 3 Abs. 8 UStG) zu bestimmen. Angesichts dieser Schwierigkeiten wurde durch die Einführung spezieller Ortsregelungen für die Lieferung von Elektrizität und Gas durch eine Fiktion des Lieferortes klargestellt, dass die Lieferung von Elektrizität und Gas keine bewegte Lieferung i. S. v. Art. 32 MwStSystRL ist.
Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter Berücksichtigung der Bestimmungen der RL 2003/54/EG vom 26.06.2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der RL 96/92/EG und der RL 2003/55/EG vom 26.06.2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der RL 98/30/EG findet die Regelung entsprechend der Zielsetzung der RL 2003/92/EG in Bezug auf Gas für alle Druckstufen und in Bezug auf Elektrizität für alle Spannungsstufen Anwendung.
Um sicherzustellen, dass die Regelung in Bezug auf Gas (entsprechend der Zielsetzung der Gas- und Elektrizitätsrichtlinie, Rn. 1) für alle Druckstufen Anwendung findet, wurde gegenüber dem Gesetzentwurf der Begriff "Erdgasverteilungsnetz" in der endgültigen Gesetzesfassung durch den Begriff "Erdgasnetz" ersetzt. Erdgasnetze sind letzten Endes Pipelinesysteme.
Zu speziellen Anwendungsfällen vgl. Rz. 71 ff.
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Gibt ein Energieversorger seine am Markt nicht mehr zu einem positiven Kaufpreis veräußerbaren überschüssigen Kapazitäten i. V. m. einer Zuzahlung ab, um sich eigene Aufwendungen für das Zurückfahren der eigenen Produktionsanlagen zu ersparen, liegt keine Lieferung von z. B. Elektrizität, sondern eine sonstige Leistung des Abnehmers vor (Abschn. 1.7 S. 3 UStAE).