Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Obwohl § 18f UStG als rein verfahrensrechtliche Regelung in der MwStSystRL keine mit ihr unmittelbar korrespondierende Vorschrift findet, dürfte er aber EG-rechtlich grundsätzlich unbedenklich sein.
Rz. 10
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Insbesondere verstößt § 18f UStG nicht gegen den Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer. Die MwStSystRL gewährt dem Steuerpflichtigen zwar das Recht, die mit dem Bezug der Leistung entstandene Vorsteuer sofort durch Vorlage der Rechnung auszuüben; dabei unterstellt sie allerdings die Richtigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen zur Abzugsberechtigung. Die MwStSystRL trifft gerade keine Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens; diese obliegen vielmehr den Mitgliedstaaten (Leonard/Heidner, in Bunjes, 19. Aufl. 2020, § 18f Rn. 3; zustimmend Mößlang, in S/R, § 18f Rn. 1).
Rz. 11
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Ausgestaltung des konkreten Sicherungssystems findet aber ihre Grenzen im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel (EuGH vom 18.12.1997, Rs. C-286/94, C-340/95, C-401/95 und C-47/96, Garage Molenheide u. a., UR 1998, 470; vom 25.10.2001, Rs. C-78/00, Kommission/Italienische Republik, UR 2001, 541).
Rz. 12
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Sicherungsmaßnahmen dürfen nicht so eingesetzt werden, dass sie das Vorsteuerabzugsrecht infrage stellen. Das Recht darf nicht so eingeschränkt werden, dass ein grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer für eine bestimmte Frist mit Mehrwertsteuern belastet bleibt oder die Steuern für ihn Kostenfaktoren darstellen. Aus diesem Blickwinkel könnte die Regelung über die Sicherheitsleistung problematisch sein. Eine Vorsteuererstattung gegen Sicherheitsleistung, die dem Unternehmer aus den dazu notwendigen Bankbürgschaften Kosten verursacht, könnte ein finanzielles Risiko i. S. d. EuGH-Urteils vom 25.10.2001 darstellen.
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Daran ändert auch nichts, dass die Sicherheitsleistung nur im Einvernehmen mit dem Unternehmer gefordert werden kann. Sieht der Unternehmer keinen anderen Weg, an das Vorsteuerguthaben zu gelangen, wird er zwangsläufig mit der Sicherheitsleistung einverstanden sein.
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Andererseits folgt, wie der EuGH weiter ausführt, bereits aus dem Wortlaut des Art. 183 MwStSystRL und insbesondere aus dem Ausdruck "nach den von ihnen festgelegten Einzelheiten", dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Einzelheiten der Erstattung des Mehrwertsteuerüberschusses über gewisse Spielräume verfügen. Jedenfalls kann nach der EuGH-Entscheidung das Institut der Sicherheitsleistung kein Freibrief für die FinBeh sein, die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Vorsteuerguthaben länger als unbedingt erforderlich hinauszuzögern (Huschens, in V/S = Vorgängerkommentar zu S/W/R, 111. Lfg. 3/2002, § 18f Rn. 14; so aber auch Abschn. 18f.1. Abs. 3 S. 4 UStAE).