Rz. 27
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da es sich bei den Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG um sog. unechte Steuerbefreiungen handelt, können mit derlei Leistungen zusammenhängende Vorsteuern mangels Abzugsfähigkeit zu erheblichen zusätzlichen Kosten führen. Dem versucht man in der Praxis bei nicht voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern beispielsweise durch umsatzsteuerliche Organschaftsverhältnisse zu begegnen, wodurch zumindest die Umsatzsteuer auf bestimmte Margen innerhalb des Organkreises gespart werden kann. Die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft können in der Praxis aber oftmals z. B. wegen regulatorischer Anforderungen nicht erfüllt werden und sind darüber hinaus in ihrer bisherigen Ausgestaltung teils schwer zu überwachen. Unerkannt gescheiterte Organschaftsverhältnisse bergen ein erhebliches Risiko.
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Daneben kann es eine Lösung sein, im zwischenunternehmerischen Bereich auf die Befreiung für die Finanzdienstleistungen zu verzichten. Dadurch kann der Unternehmer seinen Vorsteuerabzug sowohl i. R. d. unmittelbaren Zuordnung (vgl. § 15 Abs. 1 bis 3 UStG) wie auch i. R. d. sachgerechten Schätzung der nicht abziehbaren Vorsteuer (vgl. § 15 Abs. 4 UStG) verbessern. Dies kann beispielsweise auch im Rahmen von Cashpools und ähnlichen als Darlehensgewährung zu qualifizierenden Binnenfinanzierungen innerhalb eines Konzerns sinnvoll sein. Umgekehrt kann der Verzicht auf bestimmte Steuerbefreiungen auch für den unternehmerischen Leistungsempfänger attraktiv sein, soweit sich dies infolge des verbesserten Vorsteuerabzugs des Leistenden auf dessen Preisgestaltung positiv auswirkt.
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zudem gibt es nach § 43 UStDV bei bestimmten Finanzumsätzen Erleichterungen bei der Aufteilung der Vorsteuern. Danach sind Vorsteuerbeträge nur dann vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn sie den folgenden Ausschlussumsätzen ausschließlich zuzurechnen sind:
- Umsätze von Geldforderungen, denen zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze des Unternehmers zugrunde liegen;
- Umsätze von Wechseln, die der Unternehmer von einem Leistungsempfänger erhalten hat, weil er den Leistenden als Bürge oder Garantiegeber befriedigt. Das gilt nicht, wenn die Vorsteuern, die dem Umsatz dieses Leistenden zuzurechnen sind, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind;
- sonstige Leistungen, die im Austausch von gesetzlichen Zahlungsmitteln bestehen, Lieferungen von im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen sowie Einlagen bei Kreditinstituten, wenn diese Umsätze als Hilfsumsätze anzusehen sind.
Das bedeutet umgekehrt, dass Vorsteuerbeträge, die diesen Umsätzen nicht ausschließlich zugerechnet werden können, i. d. R. also nach Maßgabe des Vorsteuerabzugs für allgemeine Aufwendungen von der Vorsteuer entlastet werden, nicht aufgeteilt werden müssen, sondern vollständig abgezogen werden können.
HINWEIS
In der Praxis ist insbesondere bei Gewerbemietverträgen darauf zu achten, dass die mit dem Vertragsverhältnis einhergehenden umsatzsteuerlichen Risiken sowohl auf der Umsatzsteuer- wie auch auf der Vorsteuerseite zwischen dem Vermieter und dem ggf. nicht voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Mieter angemessen berücksichtigt werden. Denn i. R. d. Gewerbemiete wollen Vermieter zum Erhalt des eigenen Vorsteuerabzugs aus Investitionskosten i. d. R. steuerpflichtig vermieten und bedienen sich daher der Option nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG. Allerdings können sie diese (vorbehaltlich der Altfallregelung nach § 27 Abs. 2 UStG) nur gegenüber Mietern ausüben, die ihrerseits voll zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (vgl. § 9 Abs. 2 S. 1 UStG). Zwar ist nach Auffassung der Finanzverwaltung der Verzicht auf die Steuerbefreiung durch den Vermieter immer noch möglich, wenn der Mieter das Grundstück in nur sehr geringem Umfang für Ausschlussumsätze nutzt (vgl. Abschn. 9.2. Abs. 3 S. 1 UStAE). Sie geht dabei von einer geringfügigen Verwendung aus, wenn im Falle der steuerpflichtigen Vermietung die auf den Mietzins für das Grundstück entfallende Umsatzsteuer im Besteuerungszeitraum (Kj., § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) höchstens zu 5 % vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen wäre (sog. Bagatellgrenze, vgl. Abschn. 9.2. Abs. 3 S. 2 UStAE). Dies ist bei Finanzdienstleistern oftmals nicht der Fall, teils von vornherein, teils entwickelt sich das Geschäft erst über einen längeren Zeitraum in diese Richtung. In der Praxis enthalten Mietverträge oftmals Schadensersatzklauseln zugunsten des Vermieters, sollte dieser gegenüber seinem Mieter aufgrund von dessen Geschäft nicht mehr auf die Steuerbefreiung verzichten können. Dies kann sich allerdings auch erst lange Zeit nach dem Abschluss des Mietvertrages ergeben. Daher sind in der Praxis i. d. R. bereits während der Vertragsverhandlungen die verschiedenen möglichen Konstellationen zu bedenken und über entsprechende vertragliche Regelungen sowie die preisliche Gestaltung zwischen den Parteien ein Interessenausgleich herzustellen.