Rz. 38
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 14c Abs. 1 S. 3 UStG regelt, dass in Fällen des § 1 Abs. 1a UStG (Geschäftsveräußerung im Ganzen) und in Fällen der Rückgängigmachung einer Option nach § 9 UStG die Vorschriften des § 14c Abs. 2 S. 3–5 UStG entsprechend gelten. Daraus folgt einerseits, dass der Gesetzgeber diese Tatbestände offenbar als Fälle des unrichtigen Steuerausweises einstuft, andererseits, dass diese Sachverhalte als Gefährdungstatbestände gesehen werden und deren Berichtigung demnach den (schärferen) Vorschriften der bereits bisher als Steuergefährdung eingestuften Sachverhalte des § 14 Abs. 3 UStG a. F., jetzt § 14c Abs. 2 UStG, unterliegen sollen (vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 11 UStAE). Letztlich handelt es sich hierbei nicht um eine Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 14c Abs. 1 S. 1 und 2 UStG, sondern um eine Einschränkung der Berichtigungsmöglichkeiten für bestimmte Unterfälle des unrichtigen Steuerausweises. Die Fälle des § 1 Abs. 1a UStG wurden auf Wunsch des Bundesrates (BT-Drucks. 15/1798 vom 22.10.2003, 11 f.) als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH vom 22.03.2001, Az: V R 11/98, BStBl II 2004, 313) in das Gesetz aufgenommen, um die sog. Ausfallhaftung auszudehnen.
Rz. 39
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 14c Abs. 1 S. 3 UStG beinhaltet die Kernaussage, dass in den genannten Fällen eine Berichtigung der Steuer grundsätzlich zulässig ist. Im Gegensatz zu den Fällen des § 14c Abs. 1 S. 1 und 2 UStG, bei denen wie bisher in Fällen des § 14 Abs. 2 UStG a. F. grundsätzlich eine Korrekturmitteilung an den Rechnungsempfänger und deren Zugang ausreichend ist (vgl. Rz. 30), kann der Steuerausweis in Fällen des § 14c Abs. 1 S. 3 UStG jedoch nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 S. 3–5 UStG berichtigt werden (vgl. Abschn. 9.1. Abs. 4 S. 2 UStAE). Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH vom 01.02.2001, Az: V R 23/00, BStBl II 2003, 673; vgl. BFH vom 03.04.2013, Az: V B 64/12, BFH/NV 2013, 1135) wirkt die Rückgängigmachung einer Option (zu den Voraussetzungen der Option vgl. die Kommentierung zu § 9) auf das Ursprungsjahr zurück, die ursprünglich durch die Option ausgewiesene USt wird jedoch nach § 14 Abs. 2 UStG a. F. (jetzt § 14c Abs. 1 UStG) geschuldet. Diese USt kann der Unternehmer in sinngemäßer Anwendung des § 17 UStG berichtigen, allerdings unter den weiteren Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 UStG. Die sinngemäße Anwendung kann u. E. nur darin bestehen, dass entsprechend § 17 Abs. 1 S. 7 UStG eine Erstattung der USt an den Unternehmer frühestens nach erfolgter Berichtigung möglich ist, nicht jedoch rückwirkend für die Besteuerungszeiträume, in denen der Unternehmer die ursprünglich ausgewiesene USt abgeführt hat. Für den Leistungsempfänger entfällt der Vorsteuerabzug hingegen rückwirkend (vgl. BFH vom 06.10.2005, Az: V R 8/04, BFH/NV 2006, 835 – kein Fall des § 17 UStG liegt nach Auffassung des BFH vor, wenn es rückwirkend zur Rücknahme einer Option nach § 9 UStG kommt, da sich hier nicht die Bemessungsgrundlage ändert, sondern eine Umqualifizierung des Umsatzes stattfindet, deren Folgen für den Vorsteuerabzug nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ziehen sind). Zu Einzelheiten hinsichtlich des Verfahrens vgl. Rz. 46 ff. und vgl. Rz. 70 ff. Zur nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vgl. BFH vom 11.10.2007, Az: V R 27/05, BStBl II 2008, 438.
Rz. 40
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zur Rücknahme einer Option nach § 25c Abs. 3 UStG vgl. BFH vom 10.12.2009, Az: XI R 7/08, BFH/NV 2010, 1497 (Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 13.12.2007, Az: 6 K 1655/06, EFG 2008, 746 – § 14c Abs. 1 S. 3 UStG entsprechend anzuwenden). Nach Auffassung des BFH wirkt die Rückgängigmachung der Option steuerlich auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück und es entfällt folglich der Vorsteuerabzug rückwirkend für das Abzugsjahr (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO). § 14c Abs. 1 S. 2 UStG und § 17 Abs. 1 UStG sind auf den Vorsteuerabzug nicht anzuwenden. Die Rücknahme der Option ist umsatzsteuerlich nicht abhängig von einer Zustimmung des Leistungsempfängers und hängt auch nicht von der Rückzahlung der ausgewiesenen USt durch den Leistenden an den Leistungsempfänger ab. Dem Grundsatz der Neutralität und Effektivität der Mehrwertsteuer ist i. d. R. genügt, wenn der Leistende die Erstattung der irrtümlich an die Steuerbehörden bezahlten Mehrwertsteuer verlangen und der Leistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage gegen den Leistenden auf Rückzahlung der rechtsgrundlos bezahlten Beträge erheben kann (vgl. EuGH vom 15.03.2007, Rs. C-35/05, Reemtsma, HFR 2007, 515). Die Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs setzt nicht voraus, dass der Leistende das Verfahren nach § 14c Abs. 1 S. 3 UStG durchgeführt hat, da sich diese Norm lediglich auf die USt des Leistenden bezieht. Aus diesem Grund kann auch die Frage offenbleiben, ob § 14c Abs. 1 S. 3 UStG in Fällen der Rücknahme einer Option nach § 25c Abs. 3 UStG überhaupt anwendbar ist.