Rz. 13

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

§ 2 Abs. 1 S. 1 UStG enthält eine Legaldefinition der Unternehmereigenschaft: Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Dabei sind drei Tatbestandsmerkmale zu prüfen:

2.2.1 Unternehmerfähigkeit

 

Rz. 14

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Die Unternehmerfähigkeit hängt von der Steuerrechtsfähigkeit ab. Steuerrechtsfähig (also Träger von Rechten und Pflichten im umsatzsteuerlichen Sinne) ist jedes selbstständige Wirtschaftsgebilde, das nachhaltig Leistung gegen Entgelt ausführt (Abschn. 2.1. Abs. 1 S. 2 UStAE). Nicht entscheidend sind die zivilrechtliche Rechtsform bzw. Rechtsfähigkeit des Leistenden (Abschn. 2.1. Abs. 1 S. 3 UStAE). Unternehmerfähig sind demzufolge:

  • natürliche Personen (unabhängig von der Geschäftsfähigkeit, d. h. sogar ein Kleinkind kann Unternehmer sein, auch ein Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter, vgl. BFH vom 07.09.2006, Az: V R 6/05, BStBl II 2007, 148);
  • Personenzusammenschlüsse (z. B. OHG, KG, GbR, Partnerschaftsgesellschaft, nichtrechtsfähiger Verein, Erbengemeinschaft, Miteigentümergemeinschaften (BMF vom 01.12.2006, Az: IV A 5 – S 7300 – 90/06, UVR 2007, 8);
  • juristische Personen des Privatrechts (z. B. GmbH, AG, KGaA, e. V.);
  • juristische Personen des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Gemeinden, Realkörperschaften wie Industrie- und Handelskammern, Personalkörperschaften wie z. B. Hochschulen, Anstalten des öffentlichen Rechts wie kommunale Sparkassen, aber auch Sozialversicherungsträger (dazu FG München vom 25.01.2006, Az: 3 K 1335/02, UStB 2007, 7), öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG) insbesondere die Katholische und Evangelische Kirche und deren selbstständige Untergliederungen, sowie die israelitischen Kultusgemeinden;
  • Bruchteilsgemeinschaften. Mit Urteil vom 22.11.2018 (Az: V R 65/17, BFHE 263, 90) hat der V. Senat des BFH jedoch entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist, und begründete das mit dem Umstand, dass nach den allgemeinen Grundsätzen nur derjenige Unternehmer ist, der die Leistung erbringt. Zivilrechtlich kann eine nicht rechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft jedoch keine Verpflichtungen eingehen und folglich umsatzsteuerlich keine Leistungen erbringen. Das BFH-Urteil wurde nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Der BFH hat mit seinem Beschluss vom 28.08.2023 (Az: V B 44/22, BFHE 282, 67) seine Rechtsprechung zur Bruchteilsgemeinschaft bestätigt und hält daran fest, dass eine Bruchteilsgemeinschaft keine Leistungen gegen Entgelt als Unternehmer erbringen kann.
 
Praxis-Beispiel

Die Ehegatten A und B vermieten mehrere in ihrem Bruchteilseigentum stehende Grundstücke.

Lösung:

Die jeweilige Bruchteilsgemeinschaft ist ein gesonderter Unternehmer, wenn aufgrund unterschiedlicher Beteiligungsverhältnisse eine einheitliche Willensbildung nicht sicher ist (BFH vom 25.03.1993, Az: V R 42/89, BStBl II 1993, 729). Mit Urteil vom 22.11.2018 (Az: V R 65/17) hat der V. Senat des BFH jedoch entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist (s. o.).

 
Praxis-Beispiel

Drei Personenvereinigungen (GbR), die sich aus verschiedenen Angehörigen einer Familie zusammensetzen, die ihre Produkte zum Großteil über eine GmbH, deren Anteile von den Mitgliedern der drei GbR sowie weiteren Familienmitgliedern gehalten werden, unter einer gemeinsamen Marke vertreiben, sind drei selbstständige Unternehmen, weil sie als solche gegenüber ihren Lieferanten und gegenüber öffentlichen Stellen und zu einem gewissen Grad auch gegenüber ihren Kunden nach außen eigenständig auftreten und so gut wie ausschließlich eigene Produktionsmittel verwenden (EuGH vom 12.10.2016, Rs. Nigl, C-340/15).

 

Rz. 15

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Eine Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes ist dann Unternehmer, wenn sie allein die Bauverträge mit dem Auftraggeber und der Arbeitsgemeinschaft (nicht aber zwischen dem Auftraggeber und den einzelnen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft!) abschließt. Denn dann entstehen unmittelbare Rechtsbeziehungen nur in der zuerst genannten Konstellation. Weitere Beispiele: vgl. Abschn. 2.1. Abs. 2 UStAE; dazu auch OFD Karlsruhe/OFD Stuttgart, Gemeinsame Verf. vom 25.08.2004, Az: S 7279: dazu Weimann, UStB 2007, 118.

 

Rz. 16

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Für die Unternehmereigenschaft einer Personengesellschaft kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschafter Mitunternehmer sind. Nicht entscheidend sind ferner Staatsangehörigkeit, Wohnsitz, Sitz oder Ansässigkeit.

 

Rz. 17

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Zur Unternehmerfähigkeit gehört auch, dass der Handelnde auch nach außen als Unternehmer auftritt. Beweisanzeichen dafür können sein:

  • Name auf dem Briefkopf,
  • Name auf dem Geschäftsschild,
  • Telefonbuch- und Fax- bzw. E-Mail/Interneteintrag,
  • Name auf den Lieferantenrechnungen,
  • Unterzeichnen der Steuererklärung(en),
  • Zahlung der Steuerschuld,
  • Name in der Gewerbeanmeldung.
 

Rz. 18

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Handelt ...

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