Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Betrieb der Landwirtschaft liegt vor, soweit der Zweck des Betriebs in der planmäßigen Bewirtschaftung des Bodens zur Gewinnung von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen besteht. Als landwirtschaftliche Betätigung gilt auch die unmittelbare Verwertung der damit selbst gewonnenen Erzeugnisse.
Als landwirtschaftliche Erzeugertätigkeiten sind gem. § 24 Abs. 2 S. 1 UStG anzusehen:
- die Landwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mithilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
- Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören. Es müssen somit in ausreichendem Umfang selbst bewirtschaftete Grundstücksflächen zur Verfügung stehen (vgl. Rz. 27 ff. sowie BFH vom 29.06.1988, X R 33/82, BStBl II 1988, 922).
Als landwirtschaftliche Tätigkeiten gelten nicht nur die Betriebe, die bei Anlegung strenger Maßstäbe als landwirtschaftliche (Haupt-)Betriebe anzusehen sind, sondern auch Betriebe, die als sog. landwirtschaftliche Nebenbetriebe dem eigentlichen landwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind (§ 24 Abs. 2 S. 2 UStG).
Rz. 18
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Vom Landwirt in seinen Betrieb zugekaufte Produkte sind von der Anwendung der Durchschnittssätze grundsätzlich ausgeschlossen. Sofern jedoch zugekaufte Produkte im landwirtschaftlichen Betrieb durch urproduktive Tätigkeit zu einem Produkt anderer Marktgängigkeit verarbeitet werden, gelten sie als landwirtschaftliche Produkte (z. B. zugekaufter Samen, Sämlinge, Stecklinge usw. Abschn. 24.2. Abs. 1 S. 5ff UStAE).
Werden Produkte zum Zwecke der (unveränderten) Weiterveräußerung zugekauft, müssen diese stets der Regelbesteuerung unterworfen werden (BFH vom 14.06.2007, V R 56/05, BStBl II 2008, 158). Aus diesem Grunde können in einem Hofladen oder in anderen Verkaufseinrichtungen angebotene Produkte grundsätzlich nur dann der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, wenn der Landwirt sie selbst in seinem landwirtschaftlichen Betrieb erzeugt oder verarbeitet hat.
Rz. 19
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Andere Umsätze als die urproduktiven Erzeugertätigkeiten (vgl. Rz. 17), die der Unternehmer i. R. d. landwirtschaftlichen Betriebs sowie außerhalb dieses Betriebs tätigt, unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes (Regelbesteuerung). Betätigt sich ein Unternehmer teils gewerblich, teils landwirtschaftlich, müssen beide Betätigungen grundsätzlich getrennt beurteilt werden. Die Durchschnittssätze können für solche landwirtschaftliche Tätigkeiten in Anspruch genommen werden, die i. R. von abgrenzbaren Teilbereichen des Unternehmens ausgeführt werden. Es genügt, wenn eine Trennung der landwirtschaftlichen Umsätze von den gewerblichen Umsätzen durch geeignete Maßnahmen, z. B. getrennte Aufzeichnung oder getrennte Lagerung der Bestände, möglich ist. Einzelheiten können den Abschn. 24.1 Abs. 1, 2, 24.2 Abs. 1 S. 3ff sowie 24.3 UStAE entnommen werden.
Rz. 20
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Auch ein landwirtschaftlicher Gewerbebetrieb kraft Rechtsform kann seine Umsätze nach den Durchschnittssätzen des § 24 UStG der USt unterwerfen. Zwar waren Gewerbebetriebe kraft Rechtsform in früheren Fassungen des UStG von der Durchschnittssatzbesteuerung ausgenommen, dem hatte der BFH jedoch bereits mit Beschluss vom 28. August 2014 (V B 28/14) widersprochen. Somit konnten sich landwirtschaftliche Gewerbebetriebe kraft Rechtsform seither entweder auf die unionsrechtlich zulässige Besteuerung ihrer Umsätze nach Durchschnittssätzen berufen oder aber die bestehende gesetzliche Regelbesteuerung gem. § 24 Abs. 2 S. 3 UStG wählen. Im Rahmen des JStG 2020 wurde mit Wirkung vom 29.12.2020 der bisherige Ausschluss der Gewerbebetriebe kraft Rechtsform aus dem UStG genommen und der frühere § 24 Abs. 2 S. 3 UStG gestrichen.
Rz. 21
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Die Durchschnittssätze finden grundsätzlich nur dann Anwendung, wenn der landwirtschaftliche Betrieb noch aktiv bewirtschaftet wird (BFH-Urteil vom 21.04.1993, XI R 50/90, BStBl II 1993, 696). Lieferungen und sonstige Leistungen, die nach Einstellung der aktiven Erzeugertätigkeit erbracht werden, unterliegen grundsätzlich der Regelbesteuerung. Eine Ausnahme gilt für den Abverkauf noch selbst erzeugter Produkte (BFH-Urteil vom 19.11.2009, V R 16/08, BStBl II 2010, 319).