Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 77
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sind die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) fallen, steuerfrei (S. 1). Nicht befreit sind allerdings die unter das RennwLottG fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird (S. 2).
Grundlage für die steuerliche Beurteilung der Rennwett- und Lotterieumsätze ist das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 08.04.1922, zuletzt umfassend neu gefasst mit Datum vom 25.06.2021, sowie die hierzu ergangenen Verordnungen und Ausführungsbestimmungen (BGBl III 1922, 611, BGBl I 2021, 2065). Unter das RennwLottG fallen die Rennwetten (§§ 8–15), die Sportwetten (§§ 16–25), die öffentlichen Lotterien und Ausspielungen (§§ 26–35), das virtuelle Automatenspiel (§§ 36–45) sowie Online-Poker (§§ 46–55). Folglich fallen insbesondere Umsätze mit Geldspielautomaten nicht unter die Steuerbefreiung.
Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG ist nicht möglich. Mithin bleibt der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.
Rz. 78
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Umsätze ist zu prüfen, ob diese nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Geltungsbereich der Umsatzsteuer liegen, also steuerbar sind und ob sie der Rennwett- und Lotteriesteuer unterliegen. Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sind nur Umsätze von der Umsatzsteuer befreit, die rennwett- und lotteriesteuerpflichtig sind oder wenn im Einzelfall die Steuer nicht erhoben wird. Die alleinige Steuerbarkeit nach dem RennwLottG reicht für die Umsatzsteuerbefreiung nicht aus (§ 4 Nr. 9 Buchst. b S. 2 UStG).
Unionsrechtliche Grundlage ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, wonach die Mitgliedstaaten die Wetten, Lotterien und sonstigen Glückspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen des einzelnen Mitgliedstaates von der Umsatzsteuer befreien.
Rz. 79
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Rennwett- und Lotterieumsätze sind umsatzsteuerlich als sonstige Leistungen einzustufen. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, oder eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person ist. Ist in derartigen Fällen der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG oder nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG.
Rz. 80
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine sonstige Leistung, die darin besteht, der Allgemeinheit gegen Entgelt die Benutzung von Geldspielautomaten zu ermöglichen, die in Spielhallen aufgestellt sind, ist entsprechend Abschn. 3a.6. Abs. 6 UStAE weiterhin als unterhaltende oder ähnliche Tätigkeit nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG anzusehen. Geldautomaten in Spielhallen führen danach zu Tätigkeiten auf dem Gebiet der Unterhaltung i. S. v. Art. 53 Abs. 1 MwStSystRL. Leistungsort ist damit der Ort, an dem die Automatenleistungen tatsächlich bewirkt werden. Das Hauptziel der Leistungen besteht nach Ansicht des EuGH in der Unterhaltung der Spieler und nicht darin, ihnen einen Geldgewinn zu verschaffen. Die Ungewissheit in Bezug auf den Geldgewinn sei gerade ein wesentlicher Bestandteil der von den Spielern angestrebten Unterhaltung. Für die Benutzung von Geldspielautomaten außerhalb von Spielhallen richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG (vgl. EuGH vom 12.05.2005, Rs. C-452/03, RAL [Channel Islands] u. a., UR 2005, 443, EuGHE I3947; vom 04.07.1985, Rs. C-168/84, Berkholz, EuGHE 1985, 2251, http://curia.europa.eu; BMF-Schreiben vom 04.09.2009, Az: I V B 9 – S 711/08/10001, Rz. 44).