Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 40
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Gem. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG reicht es für die Unternehmereigenschaft aus, dass die Absicht besteht, Einnahmen zu erzielen – eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Der Begriff "Einnahmen" umschreibt all das, was der Empfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten (Geld, Sachen, sonstige Leistungen, d. h. ein Entgelt). Es bedarf also immer eines Leistungsaustauschs. Auch eine Tätigkeit gegen Aufwendungsersatz oder sogar kostenunterschreitendes Tätigwerden kann unternehmerisch sein (sonst wären die Regelungen in § 4 Nr. 18 bis 27, § 12 Nr. 7 und 8 UStG sinnlos). Eine völlig unentgeltliche Tätigkeit ist nicht unternehmerisch.
Rz. 41
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der BFH hat früher eine Tätigkeit zur Einnahmeerzielung bejaht, wenn die Steuerperson Leistungen gegen Entgelt tatsächlich erbringt – nach dem Motto: Wer nicht leistet, kann kein Unternehmer sein (sog. erfolgloser Unternehmer). Dann reicht die bloße Absicht, entgeltliche Leistungen auszuführen, nicht (BFH vom 16.12.1993, BStBl II 1994, 278). Diesen Grundsatz hat der EuGH gemildert: Es genügt die ernsthafte Absicht, eine zu steuerbaren Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen (EuGH vom 29.02.1996, Rs. C-100/94, UR 1996, 116). Diese Rechtsprechung ist seitens der Finanzverwaltung übernommen und auch in Abschn. 2.6. Abs. 3 UStAE umgesetzt worden. Daher kann ein erfolgloser Unternehmer den Vorsteuerabzug auch dann erhalten, wenn es nicht zu Ausgangsumsätzen kommt (z. B. wegen vorheriger Insolvenz des Unternehmens). Insoweit kommt es nicht auf die einkommensteuerlichen Merkmale der Unternehmerinitiative bzw. des Unternehmerrisikos an, sondern darauf, wer die zivilrechtlichen Verträge mit den Lieferanten, Kunden und anderen Geschäftspartnern geschlossen hat. Auch kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Unternehmer die Rechnungen selbst vollständig bezahlen konnte oder nicht (FG Sachsen-Anhalt vom 14.07.2003, Az: 1 K 163/00, UStB 2004, 42).
Rz. 42
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Finanzverwaltung hat auf das EuGH-Urteil reagiert und unterscheidet in Abschn. 2.6. Abs. 1–4 UStAE folgende Fallgruppen:
- Der erworbene Gegenstand ist nur zur unternehmerischen Verwendung/Nutzung bestimmt (Inventar, Wareneinkaufsgegenstände vor Betriebseröffnung, Anmietung von Lager- und Büroflächen); hier besteht an der Unternehmereigenschaft und daher an der Vorsteuerabzugsberechtigung kein Zweifel.
- Kann der Gegenstand sowohl zu unternehmerischen als auch zu nichtunternehmerischen Nutzungen verwendet werden (z. B. Pkw, Computer), kann die Unternehmereigenschaft nicht abschließend beurteilt werden. Die Finanzverwaltung wird die Steuerfestsetzung daher unter den Vorbehalt der Nachprüfung stellen, sofern die Festsetzung nicht ohnehin gem. § 167 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.
- Ist der Gegenstand typischerweise nicht zur unternehmerischen Nutzung bestimmt (Wohnmobil, Segelyacht), hängt die Unternehmereigenschaft davon ab, ob es später tatsächlich zur Ausführung entgeltlicher Leistungen kommt. Während der Vorbereitungsphase wird die Unternehmereigenschaft verneint, sodass dann kein Vorsteuerabzug möglich ist. Ggf. wird die Steuerfestsetzung gem. § 165 Abs. 1 S. 4 AO ausgesetzt.
Zu Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft vgl. Rz. 142 ff.