Dipl.-Betriebsw. Karl Birgel
Rz. 102
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück mit einem betrieblichen Kfz durch den Arbeitgeber (Sammelbeförderung) ist einerseits betrieblich veranlasst (BFH vom 09.07.1998, Az: V R 105/92, BStBl II 1998, 635), dient aber andererseits nach Ansicht des EuGH grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit regelmäßig unternehmensfremden Zwecken (i. S. d. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL). Anders ist es jedoch, wenn die Erfordernisse des Unternehmens im Hinblick auf besondere Umstände es gebieten, dass die Beförderung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übernommen wird.
Rz. 103
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Insofern hängt die umsatzsteuerliche Behandlung der Arbeitnehmer-Sammelbeförderung davon ab, ob es sich um eine entgeltliche oder eine unentgeltliche Leistung des Unternehmers handelt (OFD Hannover vom 23.07.2008, Az: S 7100 – 431 – StO 172):
Entgeltliche Arbeitnehmer-Sammelbeförderung
Steht die Sammelbeförderung in einer konkreten Verknüpfung mit der Arbeitsleistung oder dem Lohn, so erfolgt sie entgeltlich im Austausch gegen anteilige Arbeitsleistung und ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (vgl. Abschn. 1.8 Abs. 1 und 4.18.1 Abs. 7 UStAE, EuGH vom 16.10.1997, Rs. C-258/95, UR 1998, 61 sowie BFH vom 09.07.1998, Az: V R 105/92, BStBl II 1998, 635 und vom 10.06.1999, Az: V R 104/98, BStBl II 1999, 582). Für eine Verknüpfung spricht z. B. die Tatsache, dass der Unternehmer wegen geringer Löhne ohne eine Beförderung keine Arbeitnehmer bekommen hätte.
Unentgeltliche Arbeitnehmer-Sammelbeförderung
Erfolgt die Sammelbeförderung ohne konkrete Verknüpfung mit der Arbeitsleistung oder dem Lohn, liegt ein unentgeltlicher Vorgang vor. Er ist grundsätzlich steuerbar nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, da die Sammelbeförderung prinzipiell dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken des Arbeitgebers dient.
Rz. 104
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die unentgeltliche Sammelbeförderung ist nur dann nicht steuerbar, wenn besondere Umstände es gebieten, dass die Beförderung vom Arbeitgeber aufgrund dessen überwiegend betrieblicher Interessen übernommen wird. Abschn. 1.8 Abs. 15 UStAE nennt beispielhaft einige Fälle, bei denen solche besonderen Umstände vorliegen und die Beförderung durch den Arbeitgeber nicht steuerbar ist. Eine Prüfung kann nach folgendem Schema verlaufen:
Rz. 105
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In den verbleibenden Fällen ist das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend. Die Steuerbarkeit entfällt, wenn die Befriedigung des privaten Bedarfs des Arbeitnehmers durch die mit der Beförderung verfolgten betrieblichen Zwecke des Arbeitgebers überlagert wird. Der BFH (Urteil vom 11.05.2000, Az: V R 73/99, BStBl II 2000, 505) führt einige weitere Merkmale an, die gegen eine Steuerbarkeit und für unternehmerische Zwecke der Beförderung sprechen.
Rz. 106
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Indiz für eine Steuerbarkeit der unentgeltlichen Arbeitnehmerbeförderung kann z. B. die Beförderung nur einiger Arbeitnehmer sein, während andere die Fahrten zur Arbeitsstätte selbst ausführen (Niedersächsisches FG vom 26.11.1998, Az: V 53/94).
Rz. 107
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Arbeitsleistungen der beförderten Arbeitnehmer entfallen lt. BFH (z. B. BFH vom 11.05.2000, Az: V R 73/99, BStBl II 2000, 505) nicht – auch nicht zum Teil – als Entgelt auf die Beförderungsleistungen des Unternehmers (Arbeitgebers), wenn die Arbeitnehmer ihre Arbeit lediglich für den vereinbarten Barlohn unabhängig davon zu leisten haben, ob und in welchem Ausmaß sie die angebotene Beförderungsleistung in Anspruch nehmen. Hieran ändert es auch nichts, wenn der Unternehmer die Beförderungsleistungen zur Ablösung seiner Verpflichtungen aus dem Tarifvertrag erbringt.