Rz. 43
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst c UStG ist die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken steuerfrei.
Entsprechend steuerfreie dingliche Nutzungsrechte an Grundstücken sind insbesondere (vgl. Abschn. 4.12.8. UStAE):
Rz. 44
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Zwar befreit Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL nur die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 04.10.2001 (Rs. C-326/99, Stiching Goed Wonen, UR 2001, 484) jedoch die Gewährung dinglicher Nutzungsrechte der Vermietung und Verpachtung gleichgestellt, soweit sie "in wirtschaftlicher Hinsicht das wesentliche gemeinsame Merkmal aufweisen, dass dem Betreffenden auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, um jede andere Person von diesem Recht auszuschließen".
Demgemäß fallen nur jene dinglichen Nutzungsrechte unter die Steuerbefreiung, die unionsrechtlich unter dem Begriff "Vermietung und Verpachtung" subsumiert werden können (vgl. Rz. 15 ff.), dem Inhaber also ein entsprechend umfassendes Nutzungsrecht an einem Grundstück einräumen (vgl. Abschn. 4.12.8. Abs. 1 S. 3 UStAE).
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Hessischen FG vom 01.11.2017 (Az: 6 K 1667/16, MwStR 2018 m. Anm. Full), wonach für die im Rahmen einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 Abs. 1 BGB) eingegangene entgeltliche Verpflichtung zur Unterlassung wettbewerbsrelevanter Nutzung eines Grundstücks die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG in Betracht kommt, fraglich (vgl. auch Englisch in R/D, § 4 Nr. 12 Rn. 104).
Rz. 45
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Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. c UStG hat der BFH allerdings bei der Einräumung eines Wegerechts bejaht (Urteil vom 24.02.2005, Az: V R 45/02, BStBl II 2007, 61), da es dessen Inhaber zwar nicht das alleinige Recht zur Nutzung gewährt, aber das Recht einräumt, Unbefugte von der Nutzung auszuschließen.
Steuerpflichtig ist dagegen nach Ansicht des BFH die entgeltliche Bestellung eines unwiderruflich eingeräumten dinglichen Nutzungsrechts zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG (BFH vom 08.11.2012, Az: V R 15/12, BStBl II 2013, 455) oder wenn einer Gemeinde das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück auf Dauer nur für Zwecke des Naturschutzes, der Landschaftspflege bzw. Forstwirtschaft zu nutzen (BFH vom 21.02.2013, Az: V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635). Dies begründet der BFH damit, dass es in diesen Fällen nicht um eine Inbesitznahme der Grundstücke gegangen sei, um die Möglichkeit zu verschaffen, Dritte wie ein Eigentümer von der Nutzung ausschließen zu können. Zudem erfolgte die Überlassung des Nutzungsrechts dauerhaft und nicht nur vorübergehend.
Vereinbart der Bauherr einer Tiefgarage mit der Stadt den Bau und die Zurverfügungstellung von Stellplätzen für die Allgemeinheit und erhält er dafür einen Geldbetrag, so ist die Leistung auch dann nicht steuerfrei, wenn zur Absicherung der Stadt eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen wird (BFH vom 13.11.1997, Az: V R 11/97, BStBl II 1998, 169).
Die Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten für eine Überlandleitung, die Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke und die Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Sicherung dieser Rechte ist dagegen eine einheitliche sonstige Leistung, die nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist (BFH vom 11.11.2004, Az: V R 30/04, BStBl II 2005, 802, Abschn. 4.12.8. Abs. 2 UStAE).