Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 14b Abs. 4 S. 1 UStG räumt den zuständigen Finanzbehörden (nicht näher definiert; im Zweifel nach der AO zuständig) das Online-Zugriffsrecht (staatenübergreifend) auf elektronisch aufbewahrte Rechnungen ein (Umsetzung Art. 249 MwStSystRL/Art. 22a der 6. EG-RL; BT-Drucks. 15/1562 vom 23.09.2003, 49) und stellt damit die Rechtsgrundlage des Online-Zugriffs dar. Voraussetzung ist einerseits die elektronische Aufbewahrung, andererseits ein Aufbewahrungsort im üGG (nicht zulässig bei Aufbewahrung z. B. im Inland, auch wenn elektronische Aufbewahrung vorliegt).
Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift differenziert nicht nach der Ansässigkeit des Unternehmers (vgl. § 14b Abs. 2 und 3 UStG), woraus sich streng genommen ergibt, dass der nicht im Inland ansässige Unternehmer (vgl. § 14b Abs. 2 S. 4 UStG), der seine Rechnungen elektronisch im üGG aufbewahrt, ebenfalls dem Online-Zugriff unterliegt (in § 14b Abs. 2 UStG nicht speziell erwähnt, da dort nur der Aufbewahrungsort geregelt wird).
Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In richtlinienkonformer Auslegung musste der Anwendungsbereich der Norm jedenfalls bisher wohl auf den im Inland ansässigen Unternehmer beschränkt werden, der durch die elektronische Aufbewahrung die Möglichkeit eingeräumt erhielt, seinen Aufbewahrungspflichten auch im üGG nachzukommen (vgl. § 14b Abs. 2 S. 2 UStG), denn Art. 249 MwStSystRL a. F./Art. 22a der 6. EG-RL ging davon aus, dass der Unternehmer die Unterlagen nicht in seinem Ansässigkeitsstaat aufbewahrt und deshalb die Behörden des Ansässigkeitsstaats das Recht auf elektronischen Zugriff erhalten sollen.
Rz. 32
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Demgegenüber hebt die Neufassung des Art. 249 MwStSystRL (geändert durch RL 2010/45/EU) nicht mehr auf den Aufbewahrungsort ab, sondern nur auf die elektronische Aufbewahrung als solche. Zudem ermöglicht die Neufassung des Art. 249 MwStSystRL den Online-Zugriff sowohl den Behörden des Ansässigkeitsstaates als auch den Behörden anderer Mitgliedstaaten.
Rz. 33
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Sinn des Online-Zugriffs ist die Ausübung der USt-Kontrolle. Die Verwaltung darf die Rechnungen einsehen (Lesezugriff), herunterladen (Download) und verwenden. Während das Einsehen und Herunterladen noch verständlich ist (tatsächliche Vorgänge), erscheint fraglich, was der Gesetzgeber unter dem Verwenden der Daten versteht. Gemeint sein kann einerseits die Verwendung in einem Verwaltungsverfahren, sprich im Zweifel negative Folgerungen aus den eingesehenen und heruntergeladenen Daten zu ziehen (USt-Kontrolle), ohne mangels z. B. einer Prüfungsanordnung daran gehindert zu sein (Problem: Verwertungsverbot), andererseits auch das Verwenden i. S. v. weitergeben an andere Finanzämter zur Auswertung mit z. B. Folgen für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers (wohl beides). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1562 vom 23.09.2003, 49) ist zudem nicht eindeutig, welche Rechnungen der Gesetzgeber im Blick hat, wenn er von elektronischer Aufbewahrung spricht. In der Gesetzesbegründung zu § 14b Abs. 2 UStG geht der Gesetzgeber für den Begriff der elektronischen Aufbewahrung nicht nur von elektronischen Rechnungen aus (vgl. auch Abschn. 14b.1. Abs. 8 S. 1 UStAE), in der Gesetzesbegründung zu § 14b Abs. 4 UStG betont er aber gerade die Aufbewahrung elektronischer Rechnungen. Art. 249 MwStSystRL a. F./n. F. und Art. 22a der 6. EG-RL gehen m. E. insofern lediglich von der Aufbewahrung mit einem elektronischen Medium aus (respektive "... in einer Weise ...").
Rz. 34
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 14b Abs. 4 S. 2 UStG muss sichergestellt sein, dass die zuständigen Finanzbehörden die Rechnungen unverzüglich über Online-Zugriff einsehen, herunterladen und verwenden können. Daraus ergibt sich bei elektronischer Aufbewahrung auch die Verpflichtung, die Zugriffsmöglichkeit zu schaffen und zu unterhalten sowie der Verwaltung die Zugriffsmöglichkeiten zu beschreiben. Da es sich bei der elektronischen Aufbewahrung um Datensätze handelt, stellt sich zudem die Frage, ob es bezüglich des Aufbewahrungsortes auf den Standort des Servers ankommt. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass der Gesetzgeber in § 14b UStG nicht sauber zwischen elektronischen Rechnungen, elektronischer Aufbewahrung, ggf. Aufbewahrung gleichzeitig vorhandener Papierausfertigung einer Rechnung sowie den mit der elektronischen Aufbewahrung einhergehenden "räumlichen" Problemen trennt.