Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Soweit ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer seinen Entgeltanspruch aufgrund eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht verwirklichen kann, ist er bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung berechtigt (BFH vom 24.10.2013, Az: V R 31/12, BFH/NV 2014, 465).
Sachverhalt
Im entschiedenen Fall hatte ein Unternehmen (U) Malerarbeiten ausgeführt und mit dem Auftraggeber (A) einen Sicherheitseinbehalt vereinbart. Letzter musste erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, die zwischen zwei und fünf Jahren betrug, bezahlt werden. U rechnete gegenüber A daher wie folgt ab:
Malerarbeiten: |
100.000 EUR |
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Umsatzsteuer: |
19.000 EUR |
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Rechnungsbetrag: |
119.000 EUR |
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./. Sicherungseinbehalt (10 %): |
11.900 EUR |
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= Zahlbetrag: |
107.100 EUR |
|
Daraus forderte das FA in Übereinstimmung mit der bisher h. M. die ausgewiesene Umsatzsteuer i. H. v. 19.000 EUR. Das Malerunternehmen wollte jedoch nur aus dem soweit vereinnahmten Betrag die Umsatzsteuer herausrechnen und lediglich 19/119 von 107.100 EUR = 17.100 EUR abführen.
Rz. 30
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Der BFH gab dem Malerunternehmen Recht; ein Unternehmer soll nicht zur mehrjährigen Vorfinanzierung der Umsatzsteuer gezwungen werden. Daher entsteht zwar zuerst eine USt i. H. v. 19.000 EUR. Diese ist aber i. H. v. 10 % zunächst uneinbringlich und darf insoweit sofort steuermindernd berichtigt werden.
Rz. 31
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Wird der Sicherheitseinbehalt am Ende der Gewährleistungsfrist vereinnahmt, muss die USt in entsprechender Höhe wieder erhöhend korrigiert werden.
HINWEISE
- Das Urteil hat auch Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers. Soweit die Umsatzsteuer nicht geschuldet wird, darf korrespondierend auch keine Vorsteuer gezogen werden.
- Hätte M anstatt des Selbsteinbehalts die laut Vertrag ebenfalls mögliche Bankbürgschaft beigebracht, wäre das Besprechungsurteil wohl anders ausgefallen.
- Ausdrücklich offen gelassen hat der BFH, ob die Entscheidung auch auf Ratenzahlungsverkäufe und Kaufleasing übertragbar ist. Dies wurde zunächst vermutet (vgl. z. B. Wäger, BFH/NV Online, HI 6461979; Weimann/Kraatz, a. a. O.), wird aber nunmehr von BFH (Urteil vom 01.02.2022) und BMF (Schreiben vom 14.12.2022) verneint (Rz. 65a ff.).