Dipl.-Betriebsw. Karl Birgel
Rz. 54
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch die spezielle Ortsregelung für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz, Elektrizität, Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze wird klargestellt, dass Lieferungen dieser Gegenstände keine bewegten Lieferungen sind (Abschn. 3g.1 Abs. 6 S. 1 UStAE). Daraus ergeben sich Konsequenzen auch auf andere Vorschriften des UStG.
Rz. 55
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Ab dem 01.09.2013 gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auch für Lieferungen von Erdgas und Elektrizität über ein Netz durch einen im Inland ansässigen Unternehmer an einen anderen Unternehmer (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG; BMF vom 19.09.2013, IV D 3 – S 7279/13/10002; zu Vordruckmustern für den Nachweis für Wiederverkäufer von Erdgas und/oder Elektrizität für Zwecke der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers vgl. BMF vom 17.06.2015, Az: IV D 3 – S7279/13/10002).
Rz. 56
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Die Erweiterung der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft gilt bei Lieferungen im Fall von Erdgas jedoch nur, wenn der Empfänger ein Unternehmer ist, der selbst Lieferungen von Erdgas erbringt. Bei Lieferungen von Elektrizität gilt die Erweiterung sogar nur dann, wenn sowohl der Leistende als auch der Leistungsempfänger Unternehmer sind, die Wiederverkäufer von Elektrizität sind (§ 13b Abs. 5 S. 3 und 4 UStG).
Die mit dem JStG 2013 erfolgte Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei bestimmten Lieferungen von Strom und Gas über ein Netz auf im Inland ansässige, liefernde Unternehmer stand unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Änderung der europäischen MwStSystRL. Nach Änderung der Richtlinie konnte die Erweiterung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft mit Beginn des 01.09.2013 in Kraft treten (BGBl II 2013, 1120)
Rz. 57
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz, Elektrizität, Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze kann weder eine Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 UStG noch eine i. g. Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a UStG vorliegen (vgl. auch BMF vom 06.01.2009, Az: IV B 9 – S 7141/08/10001, BStBl I 2009, 60, Tz. I.1), da diese die Steuerbarkeit der Lieferung im Ursprungsland voraussetzen (vgl. Rz. 71, Beispiele 1 und 4).
Rz. 58
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Aus der Fiktion des Ortes der Lieferung beim Abnehmer folgt, dass unter den Bedingungen von § 3g Abs. 1 oder Abs. 2 UStG weder ein i. g. Verbringen (§ 3 Abs. 1a UStG) noch ein i. g. Erwerb (§ 1a UStG) vorliegen kann (Klarstellung durch § 3g Abs. 3 UStG, vgl. Rz.10 und 71, Beispiel 4).
Rz. 59
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Die Einfuhr von Erdgas über das Erdgasnetz, von Elektrizität, Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze ist von der Einfuhrumsatzsteuer befreit (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UStG), da nach den neuen Ortsbestimmungen der Ort der grenzüberschreitenden Lieferung im Inland gelegen und die Besteuerung des Verbrauchs im Inland durch § 3g UStG gewährleistet ist.
Rz. 60
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§ 3g UStG gilt auch im Verhältnis zum Drittlandsgebiet; die Anwendung des § 3 Abs. 8 UStG (Fiktion der Ortsverlagerung ins Inland beim Schulden der Einfuhrumsatzsteuer durch den Lieferer) ist demgegenüber mangels Beförderung oder Versendung ausgeschlossen.
Rz. 61
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Die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz, von Elektrizität, Wärme oder Kälte über Wärme- oder Kältenetze aus dem Drittlandsgebiet in das Inland ist damit im Inland steuerbar und steuerpflichtig (vgl. Rz. 71, Beispiel 2); die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unter den Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Buchst. a UStG ist zu beachten (vgl. dazu Ergänzung von § 13b UStG über die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in Abs. 2 S. 1 um Nr. 5 "Lieferungen der in § 3g Abs. 1 S. 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g UStG"). Diese Regelung stellt sicher, dass bei Nichtansässigkeit des Lieferers im Inland der Abnehmer die Steuer schuldet, wenn dieser Unternehmer ist. Die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft im zuvor beschriebenen Sinne gilt gemäß BMF-Schreiben vom 01.08.2005, BStBl I 2005, 849, Tz. 4 auch, wenn der im Ausland ansässige Unternehmer im Inland lediglich eine Vertretung oder eine Betriebsstätte hat, die nicht als Zweigniederlassung anzusehen ist. Hat der leistende Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung, ist er Steuerschuldner; § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UStG ist nicht anzuwenden. Dies gilt auch, wenn die Lieferung von Gas oder Elektrizität nicht vom Inland aus erfolgt. (Besonderheiten des § 13b UStG: Weist der ausländische Unternehmer trotzdem Umsatzsteuer in der Rechnung gesondert aus, schuldet er diese nach § 14c Abs. 1 UStG; der Leistungsempfänger bleibt Steuerschuldner nach § 13b UStG. Erteilt der Leistende keine ordnungsgemäße Rechnung oder sogar keine Rechn...