Rz. 91
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Laut EuGH umfasst auch der Wertpapierhandel Handlungen, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern und den Handlungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr ähnlich sind (vgl. EuGH vom 05.07.2012, C-259/11, DTZ Zadelhoff, Rn. 22; EuGH vom 28.07.2011, C-350/10, Nordea Pankki Suomi Oyj, Rn. 26, 33; EuGH, Urteil vom 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services, Rn. 27 f.; EuGH vom 05.06.1997, C-2/95, SDC, Rn. 73). Dies konkretisiert der EuGH dahingehend, dass die Befreiung u. a. solche Umsätze betrifft, die Handlungen umfassen, die die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern und dazu geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (vgl. EuGH vom 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank, Rn. 36, 37; EuGH vom 05.07.2012, C-259/11, DTZ Zadelhoff, Rn. 22, 23; EuGH vom 10.03.2011, C-540/09, Skandinaviska Enskilda Banken, Rn. 31; EuGH vom 29.10.2009, C-29/08, AB SKF, Rn. 48; EuGH vom 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services, Rn. 33; EuGH vom 05.06.1997, C-2/95, SDC, Rn. 72, 73). Dabei muss die Leistung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der steuerbefreiten Tätigkeit erfüllt und ihrer Art nach zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation zwischen den Parteien führt (vgl. EuGH vom 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services, Rn. 25, 27; EuGH vom 05.06.1997, C-2/95, SDC, Rn. 73). Dienstleistungen administrativer, materieller oder technischer Art sowie die Tätigkeit der Finanzinformation, die nicht die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändern, fallen hingegen nicht unter die Befreiung (vgl. EuGH vom 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services, Rn. 28, 30; EuGH vom 05.06.1997, C-2/95, SDC, Rn. 66).
Rz. 92
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Nach der Definition des EuGH genügt für die Inanspruchnahme der Befreiung ausdrücklich, dass die fraglichen Umsätze geeignet sind, Rechte und Pflichten in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Es ist aber nicht erforderlich, dass es infolge der Umsätze auch tatsächlich zu diesen rechtlichen Änderungen kommt. So entschied der EuGH, dass der Abschluss eines Vertrags über eine Aktienübernahmegarantie bereits geeignet ist, Rechte in Bezug auf das Eigentum an den Aktien zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen, unabhängig davon, ob es später tatsächlich zum Erwerb der Aktien kommt oder nicht. Daher würde die bloße Möglichkeit der Rechtsänderung für sich genommen ausreichen, um eine derartige Übernahmegarantie als befreiten Wertpapierumsatz i. S. d. Befreiungsnorm einzustufen (vgl. EuGH vom 10.03.2011, C-540/09, Skandinaviska Enskilda Banken, Rn. 33). Erfüllt ein Umsatz das Erfordernis der Geeignetheit, kann er demnach grundsätzlich auch als spezifisch und wesentlich i. S. d. Befreiungsnorm angesehen werden. Die Übertragung eines Wertpapiers erfolgt in Form einer sonstigen Leistung und nicht als Lieferung, da ein Wertpapier einen nichtkörperlichen Gegenstand repräsentiert (vgl. EuGH vom 26.05.2005, C-465/03, Kretztechnik, Rn. 22).
Rz. 93
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Die Erbringung einer rein materiellen, technischen oder administrativen Leistung, die (wie auch die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren) nicht zu Änderungen in rechtlicher oder finanzieller Hinsicht führt, wird nicht von der Befreiung erfasst (vgl. EuGH vom 13.12.2001, C-235/00, CSC Financial Services, Rn. 28, 29 f.; vgl. Rz. 91).
Rz. 94
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Zu den Umsätzen im Geschäft mit Wertpapieren gehören auch die Optionsgeschäfte mit Wertpapieren. Gegenstand dieser Optionsgeschäfte ist das Recht, eine bestimmte Anzahl von Wertpapieren innerhalb einer bestimmten Frist jederzeit oder zu einem bestimmten Termin zu einem festen Preis fordern (Kaufoption) oder liefern (Verkaufsoption) zu können. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umfasst sowohl den Abschluss von Optionsgeschäften als auch die Übertragung von Optionsrechten (vgl. Abschn. 4.8.8. Abs. 1 UStAE).
Rz. 95
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Zu den Umsätzen im Geschäft mit Wertpapieren gehören auch die sonstigen Leistungen im Emissionsgeschäft, z. B. die Übernahme und Platzierung von Neu-Emissionen, die Börseneinführung von Wertpapieren und die Vermittlungstätigkeit der Kreditinstitute beim Absatz von Bundesschatzbriefen (vgl. Abschn. 4.8.8. Abs. 2 UStAE).
Rz. 96
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Zur Vermittlung von erstmalig ausgegebenen Anteilen gelten die allgemeinen Ausführungen zu Vermittlungsleistungen bei Finanzumsätzen (vgl. Rz. 19 ff.; hinsichtlich der Auffassung der Finanzverwaltung vgl. Abschn. 4.8.10. Abs. 4 i. V. m. Abschn. 1.6. Abs. 2 UStAE). Eine solche Vermittlungsleistung ist grundsätzlich steuerbar und nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei.
Rz. 97
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zur Frage der Beschaffung von Anschriften von Wertpapieranlegern gelten die allg...