Rz. 99
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei der Abgrenzung der steuerfreien Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren von der steuerpflichtigen Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren gilt Folgendes: Die Leistung des Unternehmers (Kreditinstitut) ist grundsätzlich
- steuerfrei, wenn das Entgelt dem Emittenten in Rechnung gestellt wird,
- steuerpflichtig, wenn sie dem Depotkunden in Rechnung gestellt wird (vgl. Abschn. 4.8.9. Abs. 1 S. 1–3 UStAE).
Zu den steuerpflichtigen Leistungen gehören z. B. auch die Depotunterhaltung, das Inkasso von fremden Zins- und Dividendenscheinen, die Ausfertigung von Depotauszügen, von Erträgnis-, Kurswert- und Steuerkurswertaufstellungen sowie die Informationsübermittlung von Kreditinstituten an Emittenten zur Führung des Aktienregisters bei Namensaktien (vgl. Abschn. 4.8.9. Abs. 1 S. 4 UStAE). Ob eine Leistung steuerfrei oder steuerpflichtig erbracht wird, hängt jedoch nicht davon ab, ob sie von einer Depotbank oder einem Zentralverwahrer erbracht wird.
Rz. 100
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung für Zwecke der umsatzsteuerlichen Beurteilung einzelner Tätigkeiten im Wertpapier- und Depotgeschäft ein umfangreiches Schreiben veröffentlicht, das für Abgrenzungsfragen herangezogen werden kann (vgl. BMF-Schreiben vom 03.02.2015, Az: IV D 3 – S 7160/14/10002, 2015/0083829, Umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistungen im Wertpapier- und Depotgeschäft). Zudem äußerte sie sich mit einem weiteren Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen von Börsen und anderen Handelsplattformen für Finanzprodukte, für das Entsprechendes gilt (vgl. BMF-Schreiben vom 03.05.2021, Az: III C 3 -S 7160/20/10003 :001, 2021/0481500, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungen von Börsen und anderen Handelsplattformen für Finanzprodukte).
Rz. 101
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Steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG können auch die Schaffung börsenfähiger Stücke sowie die Herstellung ihrer Depotfähigkeit i. R. d. Wertpapieremissionsgeschäfts sein. Voraussetzung für eine Wertpapieremission ist die Schaffung börsenfähiger Stücke. Dies erfordert die Schaffung der Urkunden der Wertpapiere einschließlich der Herstellung ihrer Depotfähigkeit. Die Depotfähigkeit setzt die depotseitige Registrierung sowie die Aufnahme der Wertpapiere in die Depotführungssysteme beim Zentralverwahrer voraus. Ohne diese depotseitige Erfassung sind keine rechtlich wirksamen Änderungen der Inhaberschaft an den Wertpapieren möglich. Dies gilt umso mehr, soweit Globalurkunden vorliegen oder die Emission ohne physische Globalurkunde über den Eintrag in eine zentrale Datenbank für elektronische Wertpapiere erfolgt (vgl. hierzu für Deutschland die Regelungen nach dem Gesetz über elektronische Wertpapiere, eWpG). Die Depotfähigkeit ist also spiegelbildlich zur Börsenfähigkeit zu sehen und notwendige Voraussetzung dafür, dass die Wertpapiere überhaupt gehandelt werden können. Damit sind sämtliche Leistungen zur Herstellung der Depotfähigkeit der Wertpapiere dazu geeignet, erstmalig Rechte und Pflichten in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, und werden zudem als im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes dem Emittenten in Rechnung gestellt. Darüber hinaus hängt die Steuerbefreiung nicht von der Person des Leistenden ab (vgl. Rz. 10).
Rz. 102
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Als sonstige Leistung im Emissionsgeschäft ist auch die Börseneinführung von Wertpapieren steuerfrei (vgl. Abschn. 4.8.8. Abs. 2 UStAE). Dies schließt auch Leistungen i. Z. m. dem Börsenlisting der Wertpapiere ein, da ansonsten kein Börsenhandel erfolgen kann.
Rz. 103
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Auch Beratungs- und Betreuungsleistungen, die von Banken im Neuemissionsgeschäft gegenüber dem Emittenten erbracht werden, sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei, wenn sie u. a. die Schaffung börsenfähiger Stücke betreffen (vgl. Ziffer A. I. 4. des BMF-Schreibens vom 03.02.2015, Az: IV D 3 – S 7160/14/10002, 2015/0083829, Umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistungen im Wertpapier- und Depotgeschäft). Hierbei sind beispielhaft das Erstellen des Emissionsprospekts sowie die Unterstützung des Emittenten im Genehmigungsverfahren durch das Bundesamt für Wertpapierhandel sowie die Börseneinführung genannt (vgl. Ziffer A. I. 4. des BMF-Schreibens vom 03.02.2015, Az: IV D 3 – S 7160/14/10002, 2015/0083829, Umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistungen im Wertpapier- und Depotgeschäft).