Rz. 21
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei der Frage, ob es sich um besonders eingerichtete Fahrzeug i. S. d. § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG handelt, sind vier Aspekte zu unterscheiden:
2.5.2.1 Fahrzeuge
Rz. 22
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Sowohl Landfahrzeuge als auch Wasserfahrzeuge sowie Luftfahrzeuge können als für den Transport kranker/verletzter Menschen besonders eingerichtet anzusehen sein (vgl. Abschn. 4.17.2. Abs. 1 S. 1 UStAE). Führt ein gemeinnütziges Luftrettungsunternehmen nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfreie Rettungsflüge durch, darf das für Zwecke der Luftrettung benötigte Flugbenzin nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG i. V. m. § 60 Abs. 4 Nr. 3 EnergieStV steuerfrei bezogen werden (vgl. OFD Karlsruhe vom 28.02.2012, USt-Kartei S 7174 – Karte 1, UR 2/2013, 77).
2.5.2.2 Besondere Einrichtung
Rz. 23
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Das Merkmal der Einrichtung ist nicht im UStG definiert. Ein im Zeitpunkt der Beförderung besonders eingerichtetes Fahrzeug ist nach Abschn. 4.17.2. Abs. 1 S. 1 und S. 2 UStAE (so auch BFH vom 12.08.2004, Az: V R 45/03, BStBl II 2005, 314) anzunehmen, wenn es durch die vorhandenen Einrichtungen die typischen Merkmale eines Krankenfahrzeugs aufweist (z. B. Liegen, Spezialsitze, Bodenverankerungen und Auffahrrampen für Rollstühle, seitlich ausfahrbare Trittstufen etc.). Davon ist stets auszugehen, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Personenbeförderungsgesetz erfüllen, d. h. das Fahrzeug als Krankenkraftwagen im Fahrzeugschein eingetragen ist (vgl. Abschn. 4.17.2. Abs. 1 S. 3 UStAE). Fahrzeuge, die (lediglich) mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet sind, erfüllen nicht die Merkmale eines Krankenfahrzeugs. Blaulicht und Einsatzhorn haben zwar Bedeutung für einen schnellen und möglichst sicheren Transport der Kranken und Verletzten, dienen aber nicht selbst der Beförderung (vgl. BFH vom 16.11.1989, Az: V R 9/85, BStBl II 1990, 255 und Abschn. 4.17.2. Abs. 1 S. 4 UStAE). Allerdings hat der BFH mit Urteil vom 24.08.2022, Az: XI R 25/20, UR 2023, 201; vgl. hierzu Treiber, DStRE 2023, 101) – entgegen dem erstinstanzlichen Urteil des FG Münster (vom 10.10.2019, Az: 5 K 2662/16, EFG 2021, 236) – entschieden, dass die Beförderung kranker oder verletzter Personen oder solcher mit Behinderung durch einen hierfür anerkannten Unternehmer als "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung" i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei ist.
Krankenfahrten mit normalen Taxis sind aber auch weiterhin steuerpflichtig, da sie nicht von Einrichtungen erbracht werden, die als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt sind.
2.5.2.3 Gesamte Bauart und Ausstattung entspricht der besonderen Einrichtung
Rz. 24
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Nach Auffassung der Finanzverwaltung gehören zu den Krankenfahrzeugen im vorgenannten Sinne nach wie vor allerdings nur solche Fahrzeuge, die nach ihrer gesamten Bauart und Ausstattung speziell für die Beförderung verletzter und kranker Personen bestimmt (eingerichtet) sind (vgl. Abschn. 4.17.2. Abs. 2 S. 1 UStAE). Danach sollte bislang die Beförderung mit sog. Kombifahrzeugen nicht unter die Steuerbefreiung fallen, eine Aufteilung eines (ggf. einheitlichen) Entgelts solle ausscheiden (vgl. LfSt Bayern vom 12.04.2006, Az: S 7174 – 1 St 35 N). Hierbei handelt es sich um Fahrzeuge, die lediglich partiell zum Transport körperbehinderter Menschen (Rollstuhlfahrer) besonders ausgestattet sind, im Übrigen aber (z. B. für die Beförderung geistig behinderter Menschen) keine besonderen Ausstattungsmerkmale aufweisen. Auch die Literatur folgt überwiegend der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Hettler, HFR 2005, 155 (156)). Allerdings sieht Pump (Die steuerliche Betriebsprüfung 2003, 278) keine Anhaltspunkte für eine (solch) enge Auslegung des Gesetzeswortlauts. In der Rechtsprechung ist diese Frage m. E. nach bislang ungeklärt. Das Niedersächsische FG hat in seinem Urteil vom 16.11.1984 (Az: V 385/81, EFG 1985, 269) kritisiert, dass die vorgenannte Auslegung der Finanzverwaltung im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze finde. Entgegen der Auffassung von Verweyen (in Hartmann/Metzenmacher, UStG, 7. Aufl., § 4 Nr. 17, Anm. 29) hat sich der BFH dieser Kritik des FG Niedersachen bislang nicht entgegengestellt. In seiner Nachfolgeentscheidung zum Urteil des FG Niedersachsen hat der BFH die Frage, ob das Fahrzeug seiner gesamten Bauart und Ausstattung nach besonders eingerichtet sein müsse, ausdrücklich dahingestellt gelassen, da es im streitgegenständlichen Fall bereits überhaupt an einer besonderen Einrichtung mangelte (BFH vom 16.11.1989, Az: V R 9/85, BStBl II 1990, 255). Auch aus dem Urteil des BFH vom 12.08.2004, Az: V R 45/03, BStBl II 2005, 314, ergibt sich nichts anderes, da hier ein sog. Kombifahrzeug nicht Streitgegenstand war. Zuletzt hat das FG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 09.01.2009 (Az: 1 V 4533/08, EFG 2009, 707–708) es im Rahmen einer summarischen Prüfung nach wie vor als rechtlich zweifelhaft erachtet, ob der Ausbau der hinteren zwei Sitzbänke, eine Auffahrrampe und Befestigungsschienen für Rollstühle ausreichen, um ein Fahrzeug a...