Rz. 151
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 14 Abs. 5 S. 1 UStG gelten § 14 Abs. 1–4 UStG sinngemäß, wenn der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgeltes für eine Lieferung oder sonstige Leistung vor Ausführung der Leistung vereinnahmt. Die Vorschrift steht i. Z. m. den Vorschriften über die Entstehung der Steuer (§ 13 UStG) und des Vorsteuerabzuges (§ 15 UStG). Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Steuer in Fällen der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten (= Sollbesteuerung; vgl. § 16 Abs. 1 UStG) grundsätzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem die Leistung ausgeführt wird. Wird jedoch das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vor Ausführung der Leistung vereinnahmt, entsteht die Steuer insoweit bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes der Vereinnahmung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG = Mindest-Istbesteuerung). In Fällen der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (= Istbesteuerung; vgl. § 20 Abs. 1 UStG) entsteht die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes der Vereinnahmung. § 14 Abs. 1–4 UStG regelt die Rechnungserteilung für bereits erbrachte Leistungen; § 14 Abs. 5 S. 1 UStG ergänzt den Anwendungsbereich um die Fälle der Mindest-Istbesteuerung (Sollbesteuerung/Rechnungserteilung vor Ausführung der Leistung). Die Regelung gilt auch in Fällen der Istbesteuerung (vgl. Abschn. 14.8. Abs. 1 S. 3 UStAE). Entsprechend regelt § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 UStG den Vorsteuerabzug.
Rz. 152
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Beschluss vom 21.09.2016 (Az: V R 29/15, BFH/NV 2017, 243; EuGH, Rs. C-660/16, Kollroß) hat der V. Senat des BFH ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, welches zum Ziel hat, offene Fragen, die sich insbesondere aus der Entscheidung des EuGH vom 13.03.2014, Rs. C-107/13, Firin, BFH/NV 2014, 812) ergeben, bezüglich des Verhältnisses der Umsatzsteuerschuld aus Anzahlungs-/Vorabrechnungen und dem Vorsteuerabzug aus derartigen Rechnungen in Fällen der Nichterbringung der Leistung weitergehend zu klären. Im Klagefall geht es um die betrügerische Nichtlieferung eines Blockheizkraftwerkes. Offen ist, unter welchen konkreten Bedingungen zunächst der Vorsteuerabzug möglich ist (Sicherheit einer Leistungserbringung), ob eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs von der Rückzahlung der Anzahlung abhängt und ob ggf. ein Anspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem Fiskus auf Erstattung der Steuer besteht. Letztlich handelt es sich bei dem Verfahren aber auch um ein Abgrenzungsproblem zu § 14c UStG. Einen in dieselbe Richtung weisenden Vorlagebeschluss hat der XI. Senat des BFH, ebenfalls unter dem 21.09.2016 (Az: XI R 44/14, BFH/NV 2017, 248; EuGH, Rs. C-661/16, Wirtl) gefasst. Vgl. die Kommentierung zu § 14c UStG Rz. 87 f. und die Kommentierung zu § 15 UStG; vgl. Reiß in MwStR 2017, 444. Die Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 30.01.2018 in den Rechtssachen C-660/16 und C-661/16 sind in MwStR 2018, 396 veröffentlicht (kritisch gegenüber den Schlussanträgen Reiß in MwStR 2018, 372 ff.). Nach dem Urteil des EuGH vom 31.05.2018, Rs. C-660/16 und C-661/16, Wollroß und Wirtl; DStR 2018, 1171 darf dem Leistungsempfänger das Recht auf Vorsteuerabzug nicht versagt werden, wenn anhand objektiver Umstände erwiesen ist, dass er zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung der Lieferung unsicher war. Dem schließt sich der BFH in der Folgerechtsprechung an (vgl. BFH vom 05.12.2018, Az: XI R 44/14, BFH/NV 2017, 248 und vom 17.07.2019, Az: V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466; vgl. Hartmann, NWB 2018, 2242 ff.; Schumann, DStR 2018, 1653 ff.