Dipl.-Finanzwirt Frank Henseler
Rz. 88
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch das JStG 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) wurde der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers um bestimmte Lieferungen von Gold m. W. z. 01.01.2011 erweitert (§ 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG).
Rz. 89
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter die Umsätze nach § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG (vgl. Abschn. 13b.6 UStAE) fallen die Lieferung von Gold (einschließlich von platiniertem Gold) oder Goldlegierungen in Rohform oder als Halbzeug mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel und Goldplattierungen mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel und die steuerpflichtigen Lieferungen von Anlagegold mit einem Feingehalt von mindestens 995 Tausendstel nach § 25c Abs. 3 UStG. Goldplattierungen sind Waren, bei denen auf einer Metallunterlage auf einer Seite oder auf mehreren Seiten Gold in beliebiger Dicke durch Schweißen, Löten, Warmwalzen oder ähnliche mechanische Verfahren aufgebracht worden ist. Zum Umfang der Lieferungen von Anlagegold vgl. Abschn. 25c.1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 4 UStAE, zur Möglichkeit der Option zur Umsatzsteuerpflicht bei der Lieferung von Anlagegold vgl. Abschn. 25c.1 Abs. 5 UStAE (vgl. Abschn. 13b.6 S. 3 UStAE).
Der in Bremen ansässige Goldhändler G überlässt der Scheideanstalt S in Hamburg verunreinigtes Gold mit einem Feingehalt von 500 Tausendstel. S trennt vereinbarungsgemäß das verunreinigte Gold in Anlagegold und unedle Metalle und stellt aus dem Anlagegold einen Goldbarren mit einem Feingehalt von 995 Tausendstel her; das hergestellte Gold fällt unter die Position 7108 des Zolltarifs. Der entsprechende Goldgewichtsanteil wird G auf einem Anlagegoldkonto gutgeschrieben; G hat nach den vertraglichen Vereinbarungen auch nach der Bearbeitung des Goldes und der Gutschrift auf dem Anlagegoldkonto noch die Verfügungsmacht an dem Gold. Danach verzichtet G gegen Entgelt auf seinen Herausgabeanspruch des Anlagegolds. G hat nach § 25c Abs. 3 S. 2 UStG zur Umsatzsteuerpflicht optiert.
Lösung:
Der Verzicht auf Herausgabe des Anlagegolds gegen Entgelt stellt eine Lieferung des Anlagegolds von G an S dar. Da G nach § 25c Abs. 3 S. 2 UStG zur Umsatzsteuerpflicht optiert hat, schuldet S als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für diese Lieferung (§ 13b Abs. 5 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 9 UStG).
Rz. 90
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hat ein Leistungsempfänger für einen an ihn erbrachten Umsatz § 13b Abs. 2 Nr. 9 i. V. m. Abs. 5 S. 1 HS 2 und S. 2 und 3 UStG angewandt, obwohl die Voraussetzungen hierfür fraglich waren oder sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, ist diese Handhabung beim Leistenden und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn sich beide Vertragspartner über die Anwendung von § 13b UStG einig waren und der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert wird (vgl. Abschn. 13b.8 UStAE).