Rz. 122
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da die USt den unternehmerischen Leistungsverkehr entlasten und den Endverbrauch belasten soll, zugleich jedoch den Unternehmer nicht bereichern darf, wird der Vorsteuerabzug grundsätzlich nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Eingangsleistungen mit steuerpflichtigen Ausgangsleistungen und steuerpflichtigen unentgeltlichen Wertabgaben zusammenhängen (Grundgedanke des Allphasennetto-Umsatzsteuersystem). Demzufolge entfällt der Vorsteuerabzug grundsätzlich, wenn der Unternehmer mit den von anderen Unternehmern bezogenen Leistungen (Lieferungen und sonstige Leistungen, i. g. Erwerb, Einfuhr) steuerfreie oder nicht steuerbare Umsätze ausführt, weil in diesen Fällen keine Belastung des Endverbrauchs stattfindet. Die Zurechnung von Eingangs- zu Ausgangsleistungen richtet sich nach wirtschaftlichen Zurechnungskriterien. Zu prüfen ist dabei, welche Eingangsleistungen ursächlich für welche Ausgangsleistungen waren bzw. welche Eingangsleistungen die Ausgangsleistungen gefördert haben (vgl. BFH vom 04.03.1993, Az: V R 68/89, BFHE 171, 108).
Gesetzessystematisch wird der Grundgedanke des Allphasennetto-Umsatzsteuersystems durch § 15 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 UStG geregelt. So bestimmt § 15 Abs. 2 UStG zunächst die sog. vorsteuerschädlichen Ausgangsumsätze – d. h. Ausgangsumsätze, die den zunächst nach § 15 Abs. 1 UStG gewährten Vorsteuerabzug wieder ausschließen. So bestimmt § 15 Abs. 2 UStG beispielsweise, dass der Vorsteuerabzug für die Lieferung, die Einfuhr und den i. g. Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen verboten ist, wenn der Unternehmer den Gegenstand oder die sonstige Leistung zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet. Dies entspricht dem Allphasennetto-Umsatzsteuersystem. Würde ein Vorsteuerabzug auf Eingangsleistungen gewährt werden, die in unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsleistungen stehen, unterläge der geschaffene Mehrwert keiner Umsatzbesteuerung.
Der Gesetzgeber wollte jedoch nicht alle steuerbefreiten Ausgangsumsätze als vorsteuerschädliche Umsätze behandeln, da z. B. aus Erwägungen des Bestimmungslandprinzip Umsätze freigestellt werden, damit deren Steuerbelastung im Bestimmungsland erfolgen kann. Hier ist es gerechtfertigt, dass der Vorsteuerabzug auf Eingangsumsätze erhalten bleibt, sofern der Gegenstand oder die sonstige Leistung in das Ausland gelangt. Gesetzessystematisch hebt § 15 Abs. 3 UStG daher das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 2 UStG für bestimmte Ausgangsumsätze wieder auf.
Rz. 123
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren vorsteuerunschädlichen Ausgangsumsätzen, damit dem Unternehmer der Vorsteuerabzug zusteht (vgl. z. B. EuGH vom 08.02.2007, Rs. C-435/05, Investrand BV, UR 2007, 225, EuGH vom 08.09.2022, Rs. C-98/21, W-GmbH, DStR 2022,1904 im Kontext einer zwischengeschalteten Führungsholding). Aus dem Erwerb von Gegenständen und dem Bezug von Dienstleistungen kann nur dann ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen zu den Kostenelementen der vorsteuerunschädlichen Ausgangsumsätze gehören und Preisbestandteile sind. Diese Zuordnungsgrundsätze gelten auch für Vereine, die sowohl vorsteuerschädliche nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben als auch vorsteuerunschädliche wirtschaftliche Leistungen ausführen (vgl. FG München vom 05.11.2008, Az: 3 K 3427/03, EFG 2009, 787).
Rz. 124
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Erbringt ein Unternehmer mehrere Ausgangsleistungen, so ist zu prüfen, ob es sich dabei um eine einheitlich zu beurteilende Leistung oder um verschiedene selbstständig zu beurteilende Leistungen handelt. Ein Bauunternehmer, der für eigene Rechnung Bauwerke errichtet, um sie anschließend zu veräußern, erbringt eine einheitliche Leistung (Verkauf von schlüsselfertigen Gebäuden), die eine steuerfreie Grundstückslieferung darstellt und somit den Vorsteuerabzug ausschließt. Es ist nicht von Bedeutung, dass der Bauunternehmer im Rahmen seiner Bautätigkeit Leistungen (gegen sich selbst) erbringt, die im Falle der Leistungsausführung an Dritte steuerpflichtig wären (vgl. EuGH vom 29.10.2009, Rs. C-174/08, NCC, DB 2009, 2530).
Rz. 125
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Sofern ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen fehlt, kann eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestehen, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu den allgemeinen Aufwendungen gehören und – als solche – Bestandteile des Preises der vom Unternehmer ausgeführten Leistungen sind. Der Vorsteuerabzug setzt in diesem Fall voraus, dass die wirtschaftliche Tätigkeit zu Umsätzen führt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (BFH vom 24.04.2013, BFH/NV 2013, 1517).
Rz. 126
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für die Beurteilung der Frage, ob Vorsteuerbeträge ganz oder teilweise vom Vorsteuerabzug ausgeschloss...