Dipl.-Finanzwirt Frank Henseler
Rz. 91
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch das Sechste Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 16.06.2011 (BGBl I 2011, 1090) wurde m. W. z. 01.07.2011 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG) auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen erweitert (§ 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG in der ab 01.07.2011 geltenden Fassung). Unter die Steuerschuldnerschaft fallen Lieferungen von Mobilfunkgeräten sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 EUR beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt (§ 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG).
Rz. 92
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mobilfunkgeräte sind Geräte, die zum Gebrauch mittels eines zugelassenen Mobilfunknetzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet wurden, unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten. Hiervon werden insbesondere alle Geräte erfasst, mit denen Telekommunikationsleistungen in Form von Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke in Anspruch genommen werden können, z. B. Telefone zur Verwendung in beliebigen drahtlosen Mobilfunk-Netzwerken (insbesondere für den zellularen Mobilfunk – Mobiltelefone – und Satellitentelefone). Ebenso fällt die Lieferung von kombinierten Produkten (sog. Produktbündel), d. h. gemeinsame Lieferungen von Mobilfunkgeräten und Zubehör zu einem einheitlichen Entgelt, unter die Regelung, wenn die Lieferung des Mobilfunkgeräts die Hauptleistung darstellt. Die Lieferung von Geräten, die reine Daten übertragen, ohne diese in akustische Signale umzusetzen, fällt dagegen nicht unter die Regelung. Zum Beispiel gehören daher folgende Gegenstände nicht zu den Mobilfunkgeräten i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG:
- Navigationsgeräte;
- Computer, soweit sie eine Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke nicht ermöglichen (z. B. Tablet-PC);
- MP3-Player;
- Spielekonsolen;
- On-Board-Units.
Rz. 93
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein integrierter Schaltkreis ist eine auf einem einzelnen (Halbleiter-)Substrat (sog. Chip) untergebrachte elektronische Schaltung (elektronische Bauelemente mit Verdrahtung). Zu den integrierten Schaltkreisen zählen insbesondere Mikroprozessoren und CPUs (Central Processing Unit, Hauptprozessor einer elektronischen Rechenanlage). Die Lieferungen dieser Gegenstände fallen unter die Umsätze i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG (vgl. Abschn. 13b Abs. 2 Nr. 12 UStAE), sofern sie (noch) nicht in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand (Endprodukt) eingebaut wurden. Ein Gegenstand ist für die Lieferung auf der Einzelhandelsstufe insbesondere dann geeignet, wenn er ohne weitere Be- oder Verarbeitung an einen Endverbraucher geliefert werden kann (vgl. Abschn. 13b.7 Abs. 2 UStAE).
Der in Halle ansässige Chiphersteller C liefert dem in Erfurt ansässigen Computerhändler A CPUs zu einem Preis von insgesamt 20.000 EUR. Diese werden von C an A unverbaut, d. h. ohne Einarbeitung in ein Endprodukt, übergeben. A baut einen Teil der CPUs in Computer ein und bietet den Rest in seinem Geschäft zum Einzelverkauf an. Im Anschluss liefert A unverbaute CPUs in seinem Geschäft an den Unternehmer U für insgesamt 6.000 EUR. Außerdem liefert er Computer mit den eingebauten CPUs an den Einzelhändler E für insgesamt 7.000 EUR.
A schuldet als Leistungsempfänger der Lieferung des C die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 5 S. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 10 UStG, weil es sich insgesamt um die Lieferung unverbauter integrierter Schaltkreise handelt; auf die spätere Verwendung durch A kommt es nicht an.
Lösung:
Für die sich anschließende Lieferung der CPUs von A an U schuldet U als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 10 UStG, weil es sich insgesamt um die Lieferung unverbauter integrierter Schaltkreise handelt; auf die spätere Verwendung durch U kommt es nicht an.
Für die Lieferung der Computer mit den eingebauten CPUs von A an E schuldet A als leistender Unternehmer die Umsatzsteuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG), weil Liefergegenstand nicht mehr integrierte Schaltkreise, sondern Computer sind.
Rz. 94
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aus Vereinfachungsgründen können bei der Abgrenzung die Gegenstände als integrierte Schaltkreise angesehen werden, die unter die Unterposition 8542 31 90 des Zolltarifs fallen; dies sind insbesondere monolithische und hybride elektronische integrierte Schaltungen mit in großer Dichte angeordneten und als eine Einheit anzusehenden passiven und aktiven Bauelementen, die sich als Prozessoren bzw. Steuer- und Kontrollschaltungen darstellen (vgl. Abschn. 13b.7 Abs. 2 S. 6 UStAE).
Rz. 95
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Lieferungen folgender Gegenstände fallen beispielsweise nicht unter die in § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG genannten Umsätze, auch wenn sie elektronische...