Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nachdem zunächst geprüft wurde, ob nach § 9 Abs. 1 UStG die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Option zur Steuerpflicht überhaupt in Betracht kommen, ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 nach § 9 Abs. 2 UStG eine Option nur insoweit zulässig, als bei
der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter den Begriff des Grundstücks fallen nicht nur Grundstücke insgesamt, sondern auch selbstständig nutzbare Grundstücksteile, z. B. Wohnungen, gewerbliche Flächen, Büroräume, Praxisräume (Abschn. 9.2. Abs. 1 S. 2 UStAE). Soweit der Leistungsempfänger (Mieter) das Grundstück oder selbstständig nutzbare Grundstücksteile ausschließlich für Umsätze verwendet, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, kann der Vermieter weiterhin auf die Steuerbefreiung des einzelnen Umsatzes verzichten (Abschn. 9.2. Abs. 1 S. 3 UStAE). Bei der räumlich oder zeitlich unterschiedlichen Nutzung mehrerer Grundstücksteile ist die Frage der Option für jeden Grundstücksteil gesondert zu prüfen, wobei es unschädlich ist, wenn die Verwendung der Grundstücksteile zivilrechtlich in einem einheitlichen Vertrag geregelt ist. Ein Gesamtentgelt ist, ggf. im Wege der Schätzung, aufzuteilen (vgl. Abschn. 9.2. Abs. 1 S. 4–6 UStAE mit entsprechenden Beispielen).
Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG mögliche Option ist auch dann zulässig, wenn der Leistungsempfänger Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG erbringt oder die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG anwendet.
Eine Option ist jedoch unzulässig, wenn der Leistungsempfänger Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 S. 1 UStG ist oder seine Umsätze nach Durchschnittssätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe versteuert (§ 24 UStG) oder das Grundstück für Umsätze verwendet, für die die Vorsteuern nach §§ 23, 23a UStG berechnet werden (Abschn. 9.2. Abs. 2 UStAE).
Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wird das Grundstück oder werden einzelne Grundstücksteile sowohl zu Ausgangsumsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug zulassen, als auch zu Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist zur Vermeidung von Härten ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nur möglich, wenn die Vorsteuerausschlussumsätze des Mieters die Bagatellgrenze von 5 % im Besteuerungszeitraum (Kj., § 16 Abs. 1 S. 2 UStG) nicht überschreiten (Abschn. 9.2. Abs. 3 S. 1 f. UStAE). Diese Regelung schränkt die im Gesetzeswortlaut genannte Ausschließlichkeit ein.
In Bezug auf die Vorsteueraufteilung durch den Leistungsempfänger finden die allgemeinen Grundsätze Anwendung.
Der Vermieter (V) vermietet das Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes an den Zeitschriftenhändler Z. Z tätigt neben den steuerpflichtigen Verkäufen von Zeitungen und Zeitschriften auch steuerfreie Verkäufe von Briefmarken (§ 4 Nr. 8 Buchst. i UStG).
Lösung:
V tätigt mit der Vermietung des Erdgeschosses an Z eine steuerfreie sonstige Leistung (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG). V kann auf die Steuerbefreiung verzichten, wenn Z das Erdgeschoss nur in geringem Umfang zu Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Von einer solchen geringfügigen Verwendung bei Z kann ausgegangen werden, wenn die Aufteilung der sowohl mit den steuerpflichtigen als auch mit den steuerfreien Umsätzen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nach ihrer wirtschaftlichen Zuordnung im Besteuerungszeitraum zu einem Vorsteuerausschluss von höchstens 5 % führt.
Rz. 32
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nachweispflichtig dafür, dass die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung vorliegen, ist der Unternehmer (Vermieter). Dieser Nachweis kann formlos durch eine entsprechende Bestätigung des Mieters, durch den Mietvertrag selber oder durch andere Unterlagen erbracht werden. Die Schwierigkeit des Nachweises besteht darin, dass er sich auf Umstände bezieht, die nicht beim Unternehmer selbst, sondern beim Leistungsempfänger (Mieter) liegen. Maßgebend ist die tatsächliche oder die beabsichtigte Nutzung, nicht die vertraglich vorgesehene. Solange sich die auf der Bestätigung basierenden Verhältnisse bei der Verwendung des Grundstückes durch den Mieter nicht geändert haben, braucht die Bestätigung des Mieters nicht wiederholt zu werden (vgl. Abschn. 9.2. Abs. 4 UStAE, im Einzelfall ggf. jährliche Bestätigung). Entsprechende Klauseln im Mietvertrag, die dem Mieter Pflichten (bspw. Anzeige einer Nutzungsänderung) auferlegen und für den Fall einer Pflichtverletzung des Mieters eine Schadensersatzpflicht regeln, können für den Vermieter empfehlenswert sein.