Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Voraussetzung für die Anwendung des § 17 UStG ist eine Änderung der Bemessungsgrundlage des zugrundeliegenden Umsatzes. Von daher stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Rechnungslegung des leistenden Unternehmers hat. Dieser ist bei Ausführung der Leistung berechtigt bzw. bei einem unternehmerischen Leistungsempfänger verpflichtet (vgl. § 14 Abs. 2 UStG), eine Rechnung mit offen ausgewiesener USt zu erteilen (vgl. die Kommentierung zu § 14). Ändert sich die Bemessungsgrundlage im Nachhinein, muss unterschieden werden:
- Bei einer nachträglichen Verminderung der Bemessungsgrundlage ist der in der Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag zu hoch. Da § 17 Abs. 1 S. 1, 2 UStG lediglich auf die Veränderung der Bemessungsgrundlage abhebt, ist für die Pflicht zur Berichtigung nach § 17 UStG die Berichtigung der Rechnung i. S. d. § 14 UStG unerheblich (vgl. auch Abschn. 17.1. Abs. 3 S. 3 UStAE). Der in der Rechnung zu hoch ausgewiesene Steuerbetrag wird auch nicht nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet. Der BFH geht davon aus (vgl. BFH vom 30.11.1995, Az: V R 57/94, BStBl II 1996, 206; vgl. a. BFH vom 12.01.2006, Az: V R 3/04, BStBl II 2006, 479, vgl. a. FG Köln vom 31.03.2008, Az: 15 K 7085/02, rkr., EFG 2008, 1246), dass § 17 Abs. 1 UStG insoweit § 14c Abs. 1 UStG verdrängt, zumal nach § 17 Abs. 1 S. 8 UStG der Zeitpunkt der Berichtigung auch nicht auf den ursprünglichen Zeitpunkt der Leistung/Rechnungslegung zurückbezogen wird. Der leistende Unternehmer muss daher seine ursprünglich richtig erteilte Rechnung im Nachhinein nicht korrigieren (vgl. auch Abschn. 17.2. Abs. 2 S. 4 UStAE zur Behandlung bei der Ausgabe von Gutscheinen). Andererseits ist der Leistungsempfänger auch ohne die Berichtigung der ursprünglichen Rechnung verpflichtet, den bisher zu hoch in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen (vgl. BFH vom 24.08.1995, Az: V R 55/94, BStBl II 1995, 808). Zur Sicherstellung dieses Rückforderungsanspruches kann das FA des Leistenden das für den Leistungsempfänger zuständige FA auf die Berichtigung/Ausbuchung der Forderung hinweisen (vgl. auch Abschn. 17.1. Abs. 5 S. 10 UStAE).
- Bei einer nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage ist der in der Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag zu niedrig. Für den leistenden Unternehmer würde sich u. E. auch ohne § 17 Abs. 1 S. 1 UStG eine Berichtigungspflicht ergeben, da § 10 Abs. 1 S. 2, 3 UStG das Entgelt als Bemessungsgrundlage der USt unabhängig von einer zeitlichen Komponente definiert (insofern hat § 17 Abs. 1 S. 1 UStG deklaratorischen Charakter). Wegen der Steuerentstehung in Fällen der Sollbesteuerung (§§ 16, 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG) erlangt jedoch § 17 Abs. 1 S. 8 UStG aus Sicht des leistenden Unternehmers besondere Bedeutung, da insoweit der Zeitpunkt der Berichtigung abweichend von einer ggf. grundsätzlich bestehenden Berichtigungspflicht nach dem Modell der Sollbesteuerung geregelt wird. Eine Berichtigung der ursprünglich richtigen Rechnung ist aus der Sicht des leistenden Unternehmers auch in diesem Fall nicht erforderlich, da die Entstehung der Steuerschuld grundsätzlich nicht an die Erteilung einer Rechnung anknüpft (Ausnahme: § 14c Abs. 2 UStG). Zweifelhaft erscheint jedoch, ob auch der Leistungsempfänger ohne eine durch den leistenden Unternehmer berichtigte Rechnung berechtigt ist, den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen/erhöhen (§ 17 Abs. 1 S. 2 UStG). § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG setzt für die Vornahme des Vorsteuerabzugs grundsätzlich das Vorliegen einer Rechnung voraus. Dieses zusätzliche Erfordernis entfällt u. E. auch nicht durch § 17 Abs. 1 S. 2 UStG (insofern kein konstitutiver Charakter), da die Vorschrift nicht losgelöst von den §§ 10, 14 und 15 UStG gesehen werden kann.
Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Soweit die Umsatzsteuer von vornherein zu hoch ausgewiesen wurde und mithin ein Fall des unrichtigen Steuerausweises gem. § 14c Abs. 1 S. 1 UStG vorliegt, ergibt sich die Rechnungsberichtigungspflicht aus § 14c Abs. 1 S. 2 UStG (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 10 und Abschn. 14c.1. Abs. 5 UStAE). Zur Abgrenzung in diesen Fällen vgl. die Kommentierung zu § 14c und BFH vom 12.10.1994, Az: XI R 78/93, BStBl II 1995, 33; BFH vom 04.02.2005, Az: VII R 20/04, BStBl II 2010, 55. Nach Verwaltungsauffassung ist zudem in Fällen des Wechseldiskonts ein unrichtiger Steuerausweis gegeben (vgl. Abschn. 10.3. Abs. 6 S. 4 UStAE), sodass auch hier eine Rechnungsberichtigung vorzunehmen ist.
Rz. 32
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine ausdrückliche Verpflichtung einen "Beleg" über die Änderung der Bemessungsgrundlage zu erstellen, also zur Berichtigung der Rechnung, enthält § 17 Abs. 4 UStG für den Fall, dass sich die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam ändern (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 3 S. 4 UStAE). Das Gesetz nennt als Beispiele hierfür Jahresboni oder Jahresrückvergütungen. Diese Regelung dient, wie die gesamte Vorschrift, dem Gleichklang zwischen...