Rz. 166
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das Urteil erging zum bis zum 31.12.2009 gültigen Recht: Für Katalogleistungen i. S. d. § 3a Abs. 4 UStG ergibt sich der Leistungsort im Regelfall aus § 3a Abs. 3 UStG. Letzterer beruht auf Art 56 MwStSystRL und ordnet wie dieser das Empfängerortsprinzip an.
Rz. 167
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Lange Zeit war fraglich, wer maßgebender Empfänger bei einer Leistungskette sein soll: der direkte Vertragspartner oder Letztempfänger in der Kette. Der EuGH hat nunmehr darauf erkannt, dass bei der Ortsbestimmung immer auf den direkten Vertragspartner des jeweils leistenden Unternehmers abzustellen ist (EuGH vom 05.06.2003, Rs. C-438/01, Design Concept SA ./. Flanders Expo SA, UVR 2003, 304). Dem Urteil des EuGH liegt ein Zivilrechtsstreit zwischen einem Auftraggeber in Luxemburg und einem Auftragnehmer in Belgien zugrunde:
Sachverhalt:
Das luxemburgische Ministerium für Wirtschaft (Nichtunternehmer) beauftragte eine luxemburgische Werbeagentur, die ihrerseits eine belgische Werbeagentur beauftragte. Die belgische Agentur wies in der Rechnung an die luxemburgische Agentur belgische Umsatzsteuer aus. Für die Ortsbestimmung sei der Letztempfänger maßgebend; da dieser Nichtunternehmer sei, läge der Leistungsort in Belgien (vgl. für Deutschland Abschn. 38 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 UStR 2008).
Die luxemburgische Agentur wollte die Umsatzsteuer nicht bezahlen, da der Leistungsort in Luxemburg (= Sitz des unternehmerischen Leistungsempfängers, vgl. für Deutschland § 3a Abs. 3 S. 1 UStG a. F., jetzt § 3a Abs. 2 UStG) läge.
Der EuGH entschied i. S. d. luxemburgischen Agentur.
Rz. 168
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wird eine Werbeleistung vom ersten Leistenden über mehrere selbstständige Umsatzverhältnisse an den Endabnehmer durchgereicht, richtet sich die Bestimmung des Leistungsorts für jedes der Leistungsverhältnisse in der Leistungskette nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL. Ein Durchgriff auf die Qualität des Endabnehmers (Steuerpflichtiger oder Nichtsteuerpflichtiger) i. R. d. vorangegangenen Leistungsbeziehungen scheidet damit aus. Insbesondere der Praktiker im Unternehmen wird diese Entscheidung begrüßen. Denn eine – ohne Anhaltspunkt in der jeweiligen Norm – vertretene Auslegung der Leistungsortsregelung nach Endverbrauchsprinzipien verträgt sich nicht mit der einfachen (Sofort-)Bestimmbarkeit des Leistungsortes für die Umsatzsteuer. Denn wie sollte im Sachverhalt die belgische Werbeagentur wissen, dass ihre Auftraggeberin und Leistungsempfängerin (die luxemburgische Agentur) weiterleistet und dass deren Abnehmer (das Ministerium) nicht steuerpflichtig ist? Letzteres jedenfalls dann, wenn keine Art von "Reihengeschäften" gegeben ist, bei denen der erste Leistende direkt auf den letzten Abnehmer trifft. Der EuGH bezeichnet im Streitfall das Durchreichen der Werbeleistung über zwei völlig selbstständige Umsätze als indirekte Dienstleistung. Die belgische Agentur leistete im eigenen Namen und für eigene Rechnung an die luxemburgische Agentur; diese wiederum leistete denselben Gegenstand entsprechend an das Ministerium (Wagner, UVR 2003, 304 (306); Weimann, UStB 2004, 64 (65)).
HINWEIS
Die Anwendung derselben Vorschrift zur Bestimmung des Leistungsorts führt nicht zwingend zum selben Leistungsort!