Rz. 27
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die umsatzsteuerrechtliche Folge des sog. Dreifachumsatzes in Verwertungs-Fällen der vorliegenden Art wurde ursprünglich von den üblichen Sicherungsnehmern (Banken) akzeptiert. Inzwischen wird der "Dreifachumsatz" als zu kompliziert angegriffen. Eine gewisse umsatzsteuerrechtliche Überfrachtung solcher Vorgänge gesteht auch Wagner (… als einer der an der neuen Rechtsprechung maßgeblich beteiligten Bundesrichter ...) ein. Gleichwohl fehlt ein Ansatz zu einer "einfacheren", allgemein zutreffenden Lösung. Das nach deutschem Zivilrecht vorgegebene Institut der Sicherungsübereignung setzt bereits den "Doppelumsatz" voraus. Ein Rückgriff auf die bloß pfandrechtliche Funktion der Sicherungsübereignung dürfte nicht mehr in Betracht kommen.
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dabei ist die Interessenlage der Banken ersichtlich: Zum einen wollen die Banken nicht selbst das Verwertungsgeschäft mit dem Sicherungsgut übernehmen (kein "Kerngeschäft"); daher wird die Verwertung dem SG überlassen. Dass Letzterer keinerlei Freiheiten hinsichtlich der Auskehr des erzielten Erlöses i. H. d. gesicherten Forderungen hat, liegt auf der Hand. Andererseits wollen die Banken aber den Übergang der Steuerschuld vermeiden. Beides dürfte sich nicht miteinander kombinieren lassen.
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zum Anwendungszeitpunkt (Umsätze an, die nach dem 31.12.2006 ausgeführt werden) und zu den entgegenstehenden Regeln der UStR 2005 vgl. die Vorauflage (3. Auflage 2011, § 3 UStG, Kap. 2.2.2.3).
Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der BFH hatte auch zu klären, ob die zur Annahme eines Doppel- bzw. Dreifachumsatzes bei einer Sicherungsübereignung erforderliche Verwertungsreife schon vor Kündigung des zugrunde liegenden Darlehens gegeben sein kann (so FG Saarland vom 14.02.2007, Az: 1 K 1276/03, EFG 2007, 795, Entscheidung 386, vgl. dazu Müller, EFG 2007, 795):
Sachverhalt:
Bank B ließ sich für das dem Teppichhändler T gewährte "Allzweck-Darlehen" das Warenlager übereignen. T konnte die Waren im normalen Geschäftsgang verkaufen und vom Erlös neue Ware einkaufen, die wiederum vom Raumsicherungsvertrag erfasst waren. Bei Vorliegen eines wichtigen (Kündigungs-)Grunds für das Darlehen konnte B nach vorheriger Androhung das Sicherungsgut verwerten.
Im Streitjahr 1999 stimmte B einem Ausverkauf zur Umstrukturierung mit der Maßgabe zu, dass der Erlös zur Rückführung des Darlehens verwendet wird. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt.
Das FA ging von einer Verwertung für Rechnung der B aus. Das FG bestätigte dies.
Entscheidung des BFH:
Der Sicherungsgeber führt mit der Übereignung beweglicher Gegenstände zu Sicherungszwecken unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 3 Abs. 1 UStG aus. Zur Lieferung wird der Übereignungsvorgang erst mit der Verwertung des Sicherungsguts, gleichgültig, ob der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut dadurch verwertet, dass er es selbst veräußert, oder dadurch, dass der Sicherungsgeber es im Auftrag und für Rechnung des Sicherungsnehmers veräußert. Veräußert der Sicherungsgeber das Sicherungsgut an einen Dritten, liegt ein Dreifachumsatz (Veräußerung für Rechnung des Sicherungsnehmers) erst vor, wenn aufgrund der konkreten Sicherungsabrede oder aufgrund einer hiervon abweichenden Vereinbarung die Verwertungsreife eingetreten ist (BFH vom 23.7.2009, Az: V R 27/07, UR 2010, 22 = Änderung der Rechtsprechung).
TIPP
– nach Martin, BFH/PR 2010, 14 –
- Zwar lag nach der zwischen der B (Klägerin) und ihrem Kunden T zunächst vereinbarten Sicherungsabrede noch keine Verwertungsreife vor, denn insoweit fehlte es noch an der im Sicherungsvertrag ausdrücklich vereinbarten vorherigen Androhung mit Nachfristsetzung zur Verwertung. Im Streitfall hatten B und T sich jedoch über einen Sonderausverkauf zur Umstrukturierung unter der Bedingung geeinigt, dass der Verkaufserlös an B abzuführen und damit die Verwertung für Rechnung der B geregelt war.
- Die bloße Übereignung von Waren zu Sicherungszwecken ist noch keine Lieferung. Zu einer Lieferung an den Sicherungsnehmer (im Folgenden: Bank) kommt es erst, wenn das Sicherungsgut für Rechnung der Bank verwertet wird. Verwertet die Bank im eigenen Namen, liegt ein sog. Doppelumsatz vor: Der Sicherungsgeber (im Folgenden: Bankkunde) liefert an die Bank und die Bank an den Dritten.
- Verwertet nicht die Bank das Sicherungsgut, sondern überlässt dessen Verwertung für Rechnung der Bank dem Bankkunden (Sicherungsgeber), sind – auch – die Grundsätze des Kommissionsgeschäfts maßgebend. Der Bankkunde verkauft an den Dritten (Lieferung). Beim Verkauf von Kommissionsgut durch den Kommissionär (Bankkunde) im eigenen Namen, aber für Rechnung des Kommittenten (Bank) an einen Dritten, liefert der Bankkunde an den Dritten. Gleichzeitig – weil nun die Verwertung für Rechnung der Bank erfolgt – erstarkt die Sicherungsübereignung umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung d...