Rz. 69

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Gehaltslieferung des § 3 Abs. 5 UStG stellt – ähnlich wie die Fälle der Materialbeistellung (vgl. Rz. 64), der Personalbeistellung (vgl. Rz. 216 f.) und der Umtauschmüllerei (vgl. Rz. 175 ff.) – eine scheinbare Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung (vgl. Rz. 12 ff.) dar. Tatsächlich ist aber bei der Gehaltslieferung der wirtschaftliche Vorgang, auf den sich nach dem Willen der Beteiligten der Umsatz bezieht, von vornherein auf den Hauptstoff gerichtet, der beim Abnehmer verbleibt (Heidner in Bunjes, 12. Aufl. 2013, § 3 Rz. 189).

 
Praxis-Beispiel

Ein Landwirt verkauft einer Zuckerfabrik Zuckerrüben mit der Vereinbarung, dass er die nach der Zuckergewinnung verbleibenden Rückstände (Rübenschnitzel) zurückerhält, um sie als Viehfutter zu verwenden.

Lösung:

Wirtschaftlich gewollt ist eine Lieferung des Zuckergehalts (RFH, RStBl 1925, 120).

 

Rz. 70

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§ 3 Abs. 5 UStG wirkt damit ausschließlich deklaratorisch. Entscheidend ist, dass die Rückgabe der Nebenerzeugnisse oder Abfälle von vornherein bindend vereinbart ist (BFH vom 30.11.1967, Az: VR 75/65, BStBl II 1968, 251). Dagegen kommt es nicht darauf an, dass die zurückgegeben Abfälle von genau denselben Gegenständen stammen, die der Empfänger geliefert hat, wenn sie nur von gleicher Art sind (§ 3 Abs. 5 S. 2 UStG).

 

Rz. 71

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Unabdingbare Voraussetzung ist, dass der Lieferer der Hauptsache (des Gehalts) so viele Rückstände zurückerhält, wie sie mengenmäßig der Lieferung entsprechen (Leonard in Bunjes, 10. Aufl. 2011 [= Vorauflage], § 3 Rz. 66):

  • Bekommt er mehr, liegt hierin eine Lieferung von Rückständen an ihn.
  • Erhält er weniger, so hat er nur hinsichtlich des Gehalts, der dieser Mindermenge entspricht, eine Gehaltslieferung erbracht; hinsichtlich des übrigen Teils handelt es sich um eine "normale" Lieferung des gesamten Stoffs (RFH, RStBl 1927, 115).
 
Praxis-Beispiel

Sachverhalt wie vorheriges Beispiel. Der Landwirt erhält nur die Hälfte der Rübenschnitzel zurück; die andere Hälfte verkauft die Zuckerfabrik einem anderen Landwirt.

Lösung:

Eine Gehaltslieferung liegt nur hinsichtlich der Hälfte vor, für die der Landwirt die Schnitzel zurückbekommt; die andere Hälfte führt zu einer "normalen" Lieferung des Landwirts an die Zuckerfabrik.

 

Rz. 72

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Besondere Bearbeitungsmaßnahmen des Abnehmers an den bei ihm entstehenden Rückständen haben keinen Einfluss auf die Annahme einer Gehaltslieferung; sie führen vielmehr als eigenständige sonstige Leistung zu einem gesonderten Umsatz (RFH, RStBl 1940, 750; so noch Leonard in Bunjes, 10. Aufl. 2011, § 3 Rz. 66).

 
Praxis-Beispiel

Wie vorher. Vereinbarungsgemäß trocknet die Zuckerfabrik die Rübenschnitzel vor Rückgabe an den Landwirt.

Lösung:

Das Trocknen führt zu einer sonstigen Leistung der Zuckerfabrik an den Landwirt.

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