Rz. 232
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das BMF-Schreiben vom 30.06.2020 (a. a. O.) erläutert eine Vielzahl von Einzelfällen. Das Schreiben baut auf die zu den bisherigen Steuersatzänderungen – ausnahmslos Steuererhöhungen – ergangenen Schreiben auf und erweist sich als sehr praxisgerecht. Zudem ist das Schreiben in weiten Teilen aus sich selbst heraus verständlich; daher sind lediglich einige ergänzende Anmerkungen erforderlich.
3.4.1 Annahme von Teilleistungen (Rz. 2 des BMF-Schreibens)
Rz. 233
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für die Annahme von Teilleistungen ist erforderlich, dass
- für eine wirtschaftlich teilbare Leistung
- Teilleistungsentgelte
vereinbart werden (vgl. die Ausführungen zu Rz. 21 f. des BMF-Schreibens).
3.4.2 Übergangsvorschrift für die Fälle der Ist-Besteuerung (Rz. 3 des BMF-Schreibens)
Rz. 234
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Änderungen des USt-Gesetzes sind nach § 27 Abs. 1 S. 2 UStG auf die ab dem Inkrafttreten der jeweiligen Änderungsvorschrift ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen auch insoweit anzuwenden, als die USt dafür bereits vor dem Inkrafttreten der betreffenden Änderungsvorschrift entstanden ist.
Die Steuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist, wenn
- nach vereinbarten Entgelten besteuert wird (Soll-Besteuerung) und für Lieferungen und sonstige Leistungen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt wird, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG) oder
- nach vereinnahmten Entgelten besteuert wird (Ist-Besteuerung, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG) oder
- der Leistungsempfänger die Steuer schuldet und das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt ist, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist (§ 13b Abs. 4 S. 2 UStG).
In diesen Fällen ist die Steuerberechnung gem. § 27 Abs. 1 S. 3 UStG erst in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Leistung ausgeführt wird (vgl. die Ausführungen zu Rz. 6 des BMF-Schreibens = Rz. 147 dieser Kommentierung).
3.4.3 Anwendungsbeginn (Rz. 4 Abs. 1 des BMF-Schreibens)
Rz. 235
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die neuen USt-Sätze von 16 Prozent und 5 Prozent sind auf die Lieferungen, sonstigen Leistungen und i. g. Erwerbe anzuwenden, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 bewirkt werden. Maßgebend für die Anwendung der neuen USt-Sätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird (vgl. Beispiele in Rz. 132 ff. dieser Kommentierung). Ohne Bedeutung sind der Zeitpunkt der
- vertraglichen Vereinbarung (vgl. Beispiele in Rz. 132 und 140 dieser Kommentierung)
- Entgeltsvereinnahmung (vgl. Beispiele in Rz. 136 und 141 dieser Kommentierung)
- Rechnungserteilung (vgl. Beispiel in Rz. 135 dieser Kommentierung)
3.4.4 Wider Erwarten kein neuer Vordruck für die USt-Voranmeldung im zweiten Halbjahr 2020 (Rz. 4 Abs. 2 und 3 des BMF-Schreibens)
Rz. 236
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Auch für das BZSt, dem die Entwicklung der Erklärungsvordrucke obliegt, war die USt-Senkung offensichtlich zu kurzfristig. Für den Absenkungszeitraum sind die Umsätze daher
- in einer (1) Summe
- in den "Sammel-Pools" der
- Zeile 28 (Kz. 35 und 36) sowie
- Zeile 35 (Kz. 95 und 98)
zu erfassen.
Beratungskonsequenzen: Es ist jetzt schon abzusehen, dass die Betriebsprüfungen/USt-Sonderprüfungen verstärkt die Aufzeichnungen prüfen werden, denn die Entgelte sind – getrennt nach Steuersätzen – aufzuzeichnen (§ 22 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 UStG). Die Mandanten sind daher vom Berater entsprechend anzuhalten.
Die Bemessungsgrundlage und die selbst ermittelte USt für Umsätze, bei denen der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet, sind unabhängig vom anzuwendenden Steuersatz in den bestehenden Kennzahlen zu erfassen (Zeilen 48 bis 50 der USt-Voranmeldung bzw. Zeilen 99 bis 101 der USt-Erklärung).
Beratungskonsequenzen: Für § 13b-Fälle ändert sich also nichts, da die Steuer ohnehin stets manuell ermittelt wird.
3.4.5 Behandlung bei der Ist-Versteuerung (Rz. 6 f. des BMF-Schreibens)
Rz. 237
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hat der Unternehmer in den Fällen der Ist-Versteuerung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4, Buchst. b oder § 13b Abs. 4 S. 2 UStG)
- vor dem 01.07.2020 Entgelte oder Teilentgelte (Anzahlungen usw.) für Lieferungen und sonstige Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt,
- die nach dem 30.06.2020 ausgeführt werden und der Besteuerung unterliegen,
sind auch auf diese Beträge nachträglich die ab dem 01.07.2020 geltenden USt-Sätze von 16 Prozent bzw. 5 Prozent anzuwenden (§ 27 Abs. 1 S. 2 UStG).
Sachverhalt
Bezahlung/Anzahlung am 11.06.2020, Lieferung am 19.08.2020
Beurteilung
Schlussendlich für die Umsatzbesteuerung maßgebend ist der Zeitpunkt der Lieferung im August.
Steuersatz
- Auf die Zahlung ist im Juni der bisherige USt-Satz (19 Prozent) anzuwenden.
- Im August kommt auf den Gesamtvorgang und -betrag der neue abgesenkte USt-Satz (16 Prozent) zur Anwendung.
- Dadurch wird auch die – eigentlich ja zu hohe – Belastung im Juni rückgängig gemacht.
Die Steuerberechnung ist in diesen Fällen immer erst in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Leistung ausgeführt wird (Rz. 3 des BMF-Schreibens).
Rz. 238
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Werden
- nach dem 30.06.2020 Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt,
- die der Unternehmer vor dem 01.07.2020 ausgeführt hat,
ist die auf diese Beträge entf...