Viktor Emanuel Gottschlich
Rz. 25
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Seit dem 01.01.2021 greifen Sonderregelungen für Einfuhren, die u. a. den Ort der Lieferung und die Erhebung der Umsatzsteuer besonders regeln. Der Ort der Lieferung liegt im Vereinigten Königreich, wenn
- ein Unternehmer im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit Waren in Großbritannien einführt,
- sich die Waren im Zeitpunkt des Verkaufs ("point of sale") außerhalb des Vereinigten Königreichs befinden,
- der Nettowarenwert der Sendung ("consignment") bis zu 135 GBP beträgt,
- die Waren keiner Verbrauchsteuer ("duty of excise") unterliegen,
- Einfuhrumsatzsteuer nicht durch einen Postdienstleister, der nicht im Vereinigten Königreich ansässig ist, aufgrund eines besonderen Verfahrens abgeführt werden muss, vgl. VATA 1994, Section 7(5B), und
- keine Sonderreglungen zu Online-Marktplätzen Anwendung finden, vgl. Rz. 32 f.
Der Nettowarenwert entspricht dem Verkaufspreis abzüglich Transport- und Versicherungskosten, es sei denn, sie sind im Verkaufspreis enthalten und nicht gesondert ausgewiesen, und abzüglich sonstiger Steuern und Abgaben. Hinsichtlich der Einfuhr von Waren im Anwendungsbereich der o. g. Regelungen wird keine Einfuhrumsatzsteuer im Zeitpunkt der Einfuhr erhoben, vgl. VATA 1994, Section 37(A1). Stattdessen wird lediglich im Zeitpunkt des Verkaufs Umsatzsteuer erhoben (in diesem Zusammenhang "Supply VAT" genannt). Ein nicht im Vereinigten Königreich ansässiger Unternehmer muss sich im Falle einer solchen Lieferung grundsätzlich zur Umsatzsteuer im Vereinigten Königreich registrieren. Wenn der Empfänger einer solchen Lieferung zur Umsatzsteuer im Vereinigten Königreich registriert ist und seine USt-IdNr. mitteilt, findet allerdings ein neu eingeführtes Reverse-Charge-Verfahren für Lieferungen Anwendung und es wird fingiert, dass die steuerbare Lieferung durch den Empfänger an sich selbst ausgeführt wird, vgl. VATA 1994, Section 7AA. Den nicht im Vereinigten Königreich ansässigen liefernden Unternehmer treffen insoweit keine umsatzsteuerlichen Pflichten im Vereinigten Königreich.
Rz. 26
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Ähnliche Sonderregelungen zu Einfuhren von Sendungen mit einem Nettowarenwert von bis zu 135 GBP gelten auch für Einfuhren in Nordirland. Ein technischer Unterschied besteht jedoch darin, dass bei Lieferungen an Empfänger in Nordirland die Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird, während bei Lieferungen an Empfänger in Großbritannien nur die Supply-VAT erhoben wird, vgl. VATA 1994, Schedule 9ZC. Die Sonderregelungen haben einen engeren Anwendungsbereich für Nordirland als für Großbritannien, da in Nordirland keine Einfuhr gegeben ist, wenn Gegenstände aus einem EU-Mitgliedstaat nach Nordirland gelangen. Insoweit greifen für Nordirland die allgemeinen Regelungen.