Rz. 33

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

§ 17 UStG erfordert eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage. Ergibt sich die Änderung der Bemessungsgrundlage bereits in dem Besteuerungszeitraum, in dem auch die USt für die Leistung entsteht, muss der Unternehmer in seiner Voranmeldung bzw. Jahreserklärung von vornherein die geänderte Bemessungsgrundlage angeben (vgl. BFH vom 29.01.1987, Az: V R 53/76, BStBl II 1987, 516; a. A. BFH vom 24.10.2013, Az: V R 31/12, BStBl II 2015, 674; vgl. auch Lippross, Umsatzsteuer, 25. Aufl. 2022, 992).

 

Beispiel 1:

Unternehmer A liefert an Unternehmer B Waren im Wert von 500 EUR netto zzgl. 19 % USt. Die Waren holt B bei A am 14.11. ab, die Rechnung wird bezahlt

  1. am 30.11.,
  2. am 03.12.,

wobei B Skonto i. H. v. 3 % in Anspruch nimmt. A unterliegt der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Regelbesteuerung oder Sollbesteuerung, § 16 Abs. 1 S. 1 UStG) und gibt monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen ab (§ 18 Abs. 2 S. 2 UStG).

Lösung:

  1. Für A entsteht die USt nach dem Sollprinzip mit Ablauf des Voranmeldezeitraums November (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG), grundsätzlich unabhängig von der Bezahlung durch B. Erfolgt die Bezahlung durch B noch im November, entsteht die USt bereits auf der Basis des durch den Skonto geminderten Entgelts (vgl. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG) i. H. v. 485 EUR (× 19 % = 92,15 EUR) und muss so in der Umsatzsteuervoranmeldung für November erklärt werden. B kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG aus der Rechnung des A im VZ November Vorsteuern i. H. v. 92,15 EUR geltend machen.
  2. Erfolgt die Bezahlung erst im Dezember, muss A in der Umsatzsteuervoranmeldung November den Umsatz nach dem vereinbarten Entgelt (Sollprinzip) erklären (Entgelt 500 EUR × 19 % = 95 EUR). Da er dieses Entgelt später jedoch nicht vereinnahmt hat, tritt im VZ Dezember der Fall des § 17 Abs. 1 S. 1 UStG ein. A muss in der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember die USt berichtigen (Zahlbetrag 577,15 EUR [595 EUR ./. 3 %] × 19/119 = 92,15 EUR/bisher 95 EUR). B kann aus der Rechnung des A im VZ November zunächst Vorsteuern i. H. v. 95 EUR geltend machen, im VZ Dezember tritt für ihn jedoch der Fall des § 17 Abs. 1 S. 2 UStG ein, er muss die beanspruchte Vorsteuer um 2,85 EUR mindern (Berechnung s. A).
 

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, A unterliegt jedoch der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung, § 20 Abs. 1 UStG).

Lösung:

  1. Es ergeben sich keine Änderungen gegenüber der obigen Lösung. Für A entsteht die USt nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG mit Ablauf des VZs, in dem das Entgelt vereinnahmt wurde, somit im VZ November und auf der Basis des geminderten Entgelts. B hat im VZ November entsprechend den Vorsteuerabzug.
  2. Für A ergibt sich im Unterschied zu Beispiel 1 die Entstehung der Steuer bei Istbesteuerung und Zahlung im Dezember auch erst im Dezember. A muss in der Voranmeldung für Dezember den Umsatz auf der Basis des durch den Skontobetrag geminderten Entgelts anmelden. Ein Fall des § 17 Abs. 1 S. 1 UStG liegt nicht vor.

    Der Vorsteuerabzug des B nach § 15 Abs. 1 UStG unterliegt nach bisheriger Verwaltungsauffassung in Abschn. 15.2. Abs. 2 S. 8 UStAE dem Sollprinzip. Der Leistungsempfänger wäre demnach – wie im Beispiel 1 – bereits mit Ablauf der VZ November zum Vorsteuerabzug berechtigt und müsste im VZ Dezember dann seine Vorsteuer korrigieren.

    Mit Urteil vom 10.02.2022 hat der EuGH (Rs. C-9/20, Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136, DStR 2022, 255, vgl. hierzu Klein, DStR 2022, 521; Stadie, MwStR 2022 181), jedoch entschieden, dass die Vorsteuerentstehung nach dem Soll-Prinzip unionsrechtswidrig ist, soweit aufgrund der Ist-Besteuerung des leistenden Unternehmers die Umsatzsteuer erst im Zeitpunkt der Zahlung entsteht. Demnach wäre B erst im VZ Dezember nur zum von vornherein verminderten Vorsteuerabzug berechtigt und eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs entfiele.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?