Rüdiger Weimann, Robert C. Prätzler
Rz. 43
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Bundesregierung hatte am 22. 09./06.10.2010 beschlossen,
- die Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2008 aufzuheben und
- durch einen vom BMF in Abstimmung mit den Landesfinanzministerien herausgegebenen Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) zu ersetzen.
Beides trat in Kraft m. W. v. 01.11.2010. Mit Schreiben des BMF vom 01.10.2010 (Az: IV D 3 – S 7015/10/10002) wurde die "Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes – Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)" herausgegeben (BStBl I 2010, 846).
Der bislang zwangsläufig feste Redaktionsschluss führte – verbunden mit dem Vier-Jahres-Turnus bei der Geltungsdauer – zu einer schnellen Überalterung der UStR. Aus diesem Grund hat die Finanzverwaltung geprüft, ob nicht – wie im Verfahrensrecht – die Umstellung auf einen Anwendungserlass sinnvoll wäre. Der Vorteil sind die wesentlich kürzere Aktualisierungszyklen.
Um die in der Praxis dringend benötigte Aktualität zu schaffen, kann der UStAE laufend ergänzt bzw. geändert werden. Damit kann zukünftig auch die aktuelle Rechtsprechung von EuGH, BVerfG und BFH schnell integriert werden. Die jeweils tagesaktuelle (konsolidierte) Fassung des UStAE ist auf den Internetseiten des BMF abrufbar (www.bundesfinanzministerium.de > Themen > Steuern > Steuerarten > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Anwendungserlass).
Rz. 44
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für Unternehmer und Steuerberater ist das Umsatzsteuerrecht ein Stück weit unberechenbarer geworden. Die laufenden Änderungen des UStAE müssen ständig im Blick behalten werden und sind weniger auffällig.
Obwohl der Erlass zum 01.11.2010 insgesamt neu war, sind materiell-rechtliche Änderungen und Ergänzungen gegenüber den UStR 2008 leicht zu erkennen, da diese durch Fettdruck hervorgehoben sind. Das gilt allerdings nicht für aufgehobene Textpassagen; diese zu erkennen wird im Zweifel die Synopse des UStAE mit den UStR 2008 erfordern.
Der UStAE bindet als allgemeine Verwaltungsvorschrift (vgl. Art. 108 Abs. 7 GG) ausschließlich die FinBeh und nicht den BFH und die Finanzgerichte. Unternehmer und Steuerberater sollten daher ggf. auch abweichende Auffassungen durchzusetzen versuchen.
Rz. 45
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der UStAE gilt grundsätzlich nur für Umsätze, die nach dem 31.10.2010 – und damit nach Bekanntgabe der neuen Vorschriften – ausgeführt werden (vgl. Abschn. 29.2. UStAE). Die meisten Regelungen erläutern jedoch nur eine bereits vor diesem formellen Anwendungszeitraum bestehende Rechtslage. Der Blick in den UStAE verdeutlicht m. a. W. auch die Verwaltungsauffassung für vorherige Zeiträume, weshalb insoweit nach Möglichkeit die Fundstellen der den Änderungen zugrunde liegenden BMF-Schreiben angegeben werden.
Vertrauensschutz besteht im Hinblick auf verschärfende Neuregelungen. Diese sind erst ab dem Inkrafttreten anzuwenden. Im Streitfall kann sich der Unternehmer für Altjahre auf die günstigeren Regelungen der UStR 2008 berufen.
Bei Dauersachverhalten u. Ä. empfiehlt es sich, neben den Fundstellen im UStAE auch die bisherige Richtlinien-Fundstelle anzugeben, wobei die Darstellung so erfolgen sollte, dass die alten Richtlinien-Fundstellen in Klammern hinter die Fundstellen des UStAE gesetzt werden: