Rz. 61
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 17 Abs. 1 UStG hebt auf die Änderung der Bemessungsgrundlage ab, ohne den Begriff der Bemessungsgrundlage inhaltlich zu definieren. Ob eine Änderung der Bemessungsgrundlage vorliegt, ergibt sich aus den Regelungen des § 10 UStG (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 1 S. 2 UStAE unter Verweisung auf Abschn. 10.1.–10.7. UStAE). Wegen weiterer Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 10. Aus der Definition des Entgeltsbegriffes in § 10 Abs. 1 S. 2 UStG ergibt sich, dass Entgelt alles ist, was den Wert der Gegenleistung bildet, abzüglich der USt. Dazu können dazu auch Zahlungen von Dritten zählen. Kommt es nachträglich zu Abweichungen vom ursprünglich vereinbarten Entgelt, muss geprüft werden, ob sich die Abweichung tatsächlich auf das vereinbarte Entgelt bezieht, oder ob es sich um die Folgen aus zusätzlich verwirklichten Sachverhalten handelt. Beispielsweise können sich Abgrenzungsfragen zum Schadenersatz/zu Vertragsstrafen (vgl. Abschn. 1.3. UStAE; vgl. auch Rz. 46) ergeben. Ebenso können Zahlungen das Entgelt für eine weitere Leistung darstellen. Diese Frage stellt sich beispielsweise bei Stundung des Kaufpreises und den damit ggf. zusammenhängenden Zinszahlungen (vgl. Abschn. 3.11. UStAE), betroffen ist hier auch die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistung (vgl. Abschn. 3.10. UStAE).
Rz. 62
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 17 Abs. 1 UStG erfasst sowohl die nachträgliche Minderung als auch Erhöhung des ursprünglich vereinbarten Entgelts. Als Ursachen für eine Minderung des Entgelts kommen z. B. in Betracht, die vertragliche Vereinbarung zwischen den am Leistungsaustausch Beteiligten, Minderung aufgrund einer Mängelrüge, Zahlungsvergünstigungen wie Skonto etc. Dabei sind die Gründe für die Minderung letztlich nicht entscheidend, Erhöhungen des Entgelts können sich aus nachträglich vereinbarten zusätzlichen Zahlungen, aber auch aus freiwilligen Zahlungen ergeben.
8.1.1 Beispiele für nachträgliche Entgeltminderungen
Rz. 63
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
- Abzugsbeträge bei Zahlung, z. B. Skonto, Rabatte, Preisnachlässe. Zur Entgeltsminderung führt auch die nachträgliche Rückgewähr bereits bezahlter Beträge (vgl. Abschn. 10.3. Abs. 1 UStAE). Wegen der Zuwendung einer Reise als Belohnung für die Höhe der Warenbezüge als Preisnachlass vgl. BFH vom 28.06.1995, Az: XI R 66/94, BStBl II 1995, 850. Wegen Preisnachlässen, die von Agenten eingeräumt werden vgl. Rz. 82 ff. Zu Rabatten im Versandhandel vgl. EuGH vom 29.05.2001, Rs. C-86/99, Freemans plc/England, UR 2001, 349 (Abschn. 17.1. Abs. 2 S. 5 UStAE). Zum Zeitpunkt der Berichtigung bei Boni, Skonti und Rabatten vgl. Rz. 44.
- Bei der Verwendung von Kunden- bzw. Bonuskarten geben Systemanbieter (z. B. Payback, Deutschlandcard) kostenlose Kundenkarten heraus, die den Karteninhaber in die Lage versetzen, bei Abschluss von Verträgen mit Partnerunternehmen Punkte zu sammeln, die er später gegen diverse Vorteile einlösen kann. Seitens der Verwaltung (vgl. OFD Frankfurt, DStR 2013, 863) wurde insofern eine Entgeltminderung i. S. d. § 17 Abs. 1 UStG für die Leistung des Partnerunternehmens bejaht, allerdings nur, wenn zugunsten der Karteninhaber eine Barauszahlungsverpflichtung über den Punktewert besteht und die Einlöseschwelle für die Barauszahlung nicht höher ist als die Einlöseschwelle für Sachprämien. Zudem soll die Entgeltminderung erst bei Einlösung der Punkte erfolgen. Dem ist das FG München in seinem Urteil vom 23.08.2017 (Az: 3 K 1271/16, MwStR 2018, 86 mit Anm. Marchal) teilweise entgegen getreten: Die Einsatzmöglichkeit des Punkteguthabens zur Verrechnung bei einem nachfolgenden Einkauf bei einem Partnerunternehmer reiche zur Bejahung einer Entgeltminderung aus. Die Berichtigung nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG sei in dem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem das punkteausgebende Unternehmen i. R. d. monatlichen „Punkteclearings mit dem Gegenwert der bei ihm erworbenen Punkte in Euro durch den Systemanbieter wirtschaftlich belastet ist.
- Der BFH (Urteil vom 16.01.2020, Az: V R 42/17, BStBl II 2020, 361) folgte dem FG München insofern, als es für die Änderung der Bemessungsgrundlage nicht darauf ankommt, dass gegenüber den Kunden eine Barauszahlungsverpflichtung besteht. Die Bemessungsgrundlage mindere sich jedoch erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst.
- Forderungsverzicht stellt keine Vereinnahmung, sondern eine Kürzung des Entgelts dar (vgl. BFH vom 21.03.1968, Az: V 85/65, BStBl II 1968, 466; dies gilt auch bei Verzicht eines Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft bzw. bei Verzicht aus privaten Gründen, vgl. BFH vom 28.09.2000, Az: V R 37/98, BFH/NV 2001, 491 und BFH vom 24.06.2015, Az: XI B 63/14, DStR 2016, 887).
- Mängelrüge (BFH vom 13.12.1995, Az: XI R 16/95, BStBl II 1996, 208 und BFH vom 16.01.2003, Az: V R 72/01, BStBl II 2003, 620 – auch zur Abgrenzung Entgeltsminderung/mangelbedingter Schadenersatz; zur Abgrenzung zum Schadenersatz vgl. BFH vom 19.04.2007, Az: V R 44/05 (NV), BFH/NV 2007, 1548). Zur Abgrenzung zwischen Schadenersatz und Minderung der BMG bei mangelhafter Bauleistung vgl. BFH v...