Rz. 134
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Von der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Uneinbringlichkeit ist die ertragsteuerliche Behandlung der Bewertung von Forderungen zu unterscheiden. Ertragsteuerlich kann der Unternehmer Forderungen bewerten, wenn er seinen Gewinn (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 EStG) mittels Bilanzierung ermittelt. Bei den i. d. Z. zu beurteilenden Forderungen handelt es sich i. d. R. um solche aus Lieferungen und Leistungen, die als Umlaufvermögen einzustufen und zu bewerten sind. Grundsätzlich unterliegen diese Forderungen daher der Bewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG und sind mit dem Nennwert zu bewerten (Anschaffungskosten/vereinbarter Preis). Treten aus der Sicht des Bilanzstichtages Umstände ein, die den Unternehmer an der Werthaltigkeit der Forderung zweifeln lassen, liegt ein Problem der Teilwertfindung bezüglich der Forderung vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Dabei besteht für den Unternehmer die Möglichkeit die Bewertung pauschal (Pauschalwertberichtigung) oder einzeln (Einzelwertberichtigung) durchzuführen. Diese ertragsteuerlich zulässige Pauschalwertberichtigung führt nicht zur Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 5 S. 7 UStAE). Dies ist schon deswegen gerechtfertigt, weil § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG von der Berichtigung einer einzelnen Forderung ausgeht, die Pauschalwertberichtigung sich jedoch auf den Gesamtbestand der einbezogenen Forderungen bezieht. Hinsichtlich einer einzelnen Forderung liegen insoweit keine Erkenntnisse vor, die eine auch umsatzsteuerliche Berichtigung rechtfertigen würden, zumal sich die Pauschalwertberichtigung auch überwiegend aus den Erfahrungen der Vergangenheit, nicht aus solchen bezüglich aktuell bestehender Forderungen, ergibt. Zudem werden bei der Bildung der Pauschalwertberichtigung auch Faktoren wie das Zinsrisiko und Mahn- und Beitreibungskosten, nicht nur das Ausfallrisiko, einbezogen. Diese haben nichts mit der Uneinbringlichkeit des Entgelts, sondern mit den Kosten der Beitreibung zu tun. Im Anwendungsbereich der Einzelwertberichtigungen können sich dagegen deckungsgleiche Bereiche ergeben, die jedoch betragsmäßig voneinander abweichen können. Fällt beispielsweise eine Forderung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus und bestehen keine Aussichten auf eine Insolvenzquote ergibt sich ertragsteuerlich die Wertberichtigung in voller Höhe (Forderungsverlust), umsatzsteuerlich liegt Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Ist eine Quote absehbar, kann ertragsteuerlich lediglich bis auf die Quote wertberichtigt werden (ggf. auch Wertbeeinflussung), umsatzsteuerlich liegt dennoch Uneinbringlichkeit in voller Höhe vor. Ebenso kann ertragsteuerlich die Bewertung mit einem niedrigeren Teilwert durch Rückgriffsmöglichkeiten (z. B. wegen einer Ausfallversicherung; werthaltige Bürgschaften) ausgeschlossen oder betragsmäßig beschränkt sein, umsatzsteuerlich aber dennoch die Uneinbringlichkeit vorliegen. Umsatzsteuerlich sind Forderungen spätestens mit Insolvenzeröffnung uneinbringlich, der Zeitpunkt kann aufgrund Zahlungsunfähigkeit aber auch bereits vor der Insolvenzeröffnung liegen und sich insoweit mit einer ertragsteuerlichen Forderungsbewertung ganz oder teilweise decken (wegen der Frage der teilweisen Uneinbringlichkeit s. oben). Dabei muss die ertragsteuerliche Berechnung der Wertminderung grundsätzlich auf dem Nettowert der Forderung erfolgen, da sich bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich die USt nicht auf die Höhe des Gewinns auswirkt. Liegt neben der Einzelwertberichtigung auch ein Grund für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor (z. B. bei Forderungsausfall), wird insoweit auch die im Bilanzansatz der Forderung enthaltene USt vermindert (erfolgsneutral). Wird die Forderung in ihrem Bestehen ganz oder teilweise substantiiert bestritten, führt dies umsatzsteuerlich zur Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. BFH vom 31.05.2001, Az: V R 71/99, BStBl II 2003, 206), ertragsteuerlich stellt sich schon die Frage nach der Aktivierungsfähigkeit (vgl. BFH vom 26.04.1989, Az: I R /84, BStBl II 1991, 213 zu bestrittenen Forderungen).