Richtlinien/Hinweise/Verordnungen

MwStSystRL: Art. 132 Abs. 1 Buchst. l.

1 Allgemeines

1.1 Überblick über die Vorschrift

 

Rz. 1

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

§ 4 Nr. 18a UStG befreit die Leistungen zwischen den selbstständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen i. R. d. satzungsmäßigen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden. Die Vorschrift dient insbesondere als Rechtsgrundlage für die steuerbefreite Überlassung politischer Informationsmaterialien (vgl. Rz. 10 ff.) und wird als Reaktion des Gesetzgebers auf das BMF-Schreiben vom 01.03.1991 (Az: IV A 2 – S 7104 – 6/91, UR 1991, 117) verstanden, in dem die Unternehmereigenschaft politischer Parteien grundsätzlich festgestellt wurde (Huschens in S/W/R, § 4 Nr. 18a Rn. 1).

 

Rz. 1a

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht möglich. Die Vorschrift führt damit "zum Verlust des Vorsteuerabzugs" (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 1 Umkehrschluss UStG) und ist ein Stück weit "unvollkommen" (sog. unechte Steuerbefreiung, vgl. § 4 Einführung, Rz. 2 u. Rz. 7 ff.).

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Vorschrift wurde durch das StÄndG 1992 vom 22.05.1992 (BStBl I 1992, 146) in das UStG eingefügt, und zwar rückwirkend ab dem 01.01.1992.

Mit Wirkung vom 29.07.2017 hat das "Gesetz zum Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der Parteienfinanzierung" (Gesetz vom 18.07.2017, BGBl I 2017, 2730) die Vorschrift um den letzten Halbsatz ergänzt.

1.3 Geltungsbereich

1.3.1 Sachlicher Geltungsbereich

 

Rz. 3

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Vorschrift begünstigt Leistungen, die i. R. d. satzungsgemäßen Aufgaben einer politischen Partei deren selbstständigen Gliederungen (vgl. Rz. 7 ff.) erbracht werden.

1.3.2 Persönlicher Geltungsbereich

 

Rz. 4

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Vorschrift gilt ausschließlich für selbstständige Gliederungen einer politischen Partei (vgl. Rz. 7).

Seit dem 29.07.2017 darf die jeweilige Partei nicht gem. § 18 Abs. 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen sein.

1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich

 

Rz. 5

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Die Vorschrift gilt seit dem 01.01.2002 (vgl. Rz. 2).

1.4 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 6

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§ 4 Nr. 18a UStG entspricht den Vorgaben des Art. 132 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL.

2 Kommentierung

2.1 Begünstigte Unternehmer

 

Rz. 7

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Steuerbefreiung gilt ausschließlich für selbstständige Gliederungen einer politischen Partei:

  • Politische Parteien sind solche i. S. v. § 2 Parteiengesetz.
  • Als deren "selbstständige Gliederungen" kommen insbesondere Gebietsverbände i. S. v. § 7 Parteiengesetz (Landes-, Kreis-, Bezirks- und Ortsverbände) in Betracht (Heidner, in Bunjes, § 4 Nr. 18a Rn. 3; Weymüller, in S/R, § 4 Nr. 18a Rn. 4).
  • Die Partei darf nicht gem. § 18 Abs. 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen sein.
 

Rz. 8

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Die einzelnen Gliederungen einer Partei gelten umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer. Ob die Gliederungen rechtlich selbstständig sind oder nicht, ist umsatzsteuerlich irrelevant. Einzelne Mitglieder der Parteien sind keine "selbstständigen Gliederungen" (Weymüller, in S/R, § 4 Nr. 18a Rn. 4).

 

Rz. 9

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Andere Großorganisationen mit selbstständigen Untergliederungen, die etwa im sportlichen, wirtschaftlichen oder kirchlichen Bereichen bestimmte Satzungszwecke erfüllen, sind mit ihren Leistungen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Hiergegen werden – m. E. zu Unrecht – teilweise verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet (vgl. Huschens, in S/W/R, § 4 Nr. 18a Rn. 2, m. w. N.). Diesen ist – abgesehen von den für unser Verfassungssystem einzigartigen Aufgaben der politischen Parteien – entgegenzuhalten, dass die Entgelte lediglich eine Kostenerstattung darstellen dürfen und die Befreiung den Vorsteuerabzug ausschließt. Die Steuerbefreiung löst daher für die politischen Parteien eher einen verwaltungsmäßigen als einen (unmittelbaren) finanziellen Vorteil aus (so auch Hünnekens, in Peter/Burhoff/Stöcker, USt, § 4 Nr. 18a Rn. 3).

2.2 Befreite Umsätze

 

Rz. 10

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Begünstig sind ausschließlich Leistungen, die sich i. R. d. satzungsgemäßen Aufgaben der betreffenden politischen Partei bewegen. Es handelt sich insbesondere um

  • die Lieferung politischen Informationsmaterials,
  • Personalgestellungen für die Erfüllung politischer Aufgaben,
  • Übernahme von Buchführungsaufgaben etc.
 

Rz. 11

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Als Kostenerstattung darf das Entgelt nicht über die Selbstkosten hinausgehen, d. h., es darf keinen Regieaufschlag (Gewinnzuschlag) enthalten.

 

Rz. 12

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Steuerpflichtig sind alle Leistungen aus dem unternehmerischen Bereich der Parteigliederungen, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG nicht erfüllen, weil z. B. der Leistungsempfänger keine "selbstständige Gliederung der Partei" ist (z. B. ein Parteimitglied, vgl. Rz. 7 ff.) oder sich das Entgelt nicht mehr im Rahmen eines Kostenersatzes bewegt (Weymüller, in S/R, § 4 Nr. 18a Rn. 7).

 
Praxis-Beispiel

Durchführung politischer Veranstaltungen (Wahl- oder Informationsveranstaltungen) gegen Eintrittsgeld; Durchführung geselliger oder unterhaltender Veranstaltungen für die Öffentlichkeit und/od...

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