Dr. Josef Baumüller, Prof. Dr. Kerstin Lopatta
3.1 Allgemeines
Rz. 125
Die Mindestangabepflichten (MDR), die ESRS 2 vorsieht (Rz 2), kommen immer dann zur Anwendung, wenn ein Unternehmen einen Nachhaltigkeitsaspekt als wesentlich beurteilt und infolgedessen Angaben zu Konzepten, Maßnahmen, Zielen und Maßnahmen tätigt (§ 3 Rz 10). Die zu den MDR in ESRS 2 vorgesehenen Angaben stellen eine Ergänzung zu den Angabepflichten der vier (sekundären) Berichterstattungsbereiche, wie sie in den themenbezogenen oder sektorspezifischen ESRS vorgesehen sind, dar. Sie sind aber gleichermaßen zu berücksichtigen, wenn ein Unternehmen infolge der Ergebnisse seiner Wesentlichkeitsanalyse unternehmensspezifische Angaben tätigt (ESRS 2.60 und ESRS 2.70).
Rz. 126
Die MDR sind gemeinsam mit den Angabepflichten der themenbezogenen und sektorspezifischen ESRS bzw. mit den unternehmensspezifischen Angaben zu tätigen, d. h. an denselben Stellen in der Nachhaltigkeitserklärung. Wenn einzelne Konzepte oder Maßnahmen mehrere Nachhaltigkeitsaspekte zugleich betreffen, kann die gesamte Berichterstattung dazu (MDR und weitere Angaben) an einer einzigen Stelle innerhalb eines der vier Abschnitte der Nachhaltigkeitserklärung erfolgen und an den weiteren Stellen (ggf. auch in anderen Abschnitten der Nachhaltigkeitserklärung) hierauf verwiesen werden (ESRS 2.61). Nicht zulässig ist es demgegenüber, diese Konzepte oder Maßnahmen an einer übergeordneten Stelle außerhalb des Abschnitts, auf den sich die Angabe bezieht (z. B. Umweltinformationen oder Governance-Informationen), darzustellen (z. B. als Teil der "Allgemeinen Informationen"; das Einfügen eines unternehmensspezifischen fünften Abschnitts ist demgegenüber nicht zulässig; § 3 Rz 152 ff.). Zwar sind Ziele und Kennzahlen von dieser spezifischen Regelung ausgenommen (ESRS 2.71), allerdings sind u. E. für diese auch Verweise grds. entlang der in ESRS 1 geregelten Vorgaben möglich.
"Wenn beispielsweise ein einziges Konzept sowohl ökologische als auch soziale Aspekte abdeckt, kann das Unternehmen in dem Abschnitt seiner Nachhaltigkeitserklärung, der sich mit Umweltaspekten befasst, über das Konzept Bericht erstatten. In diesem Fall sollte in den Abschnitt über Soziales ein Querverweis auf den Abschnitt über die Umwelt, in dem über das Konzept berichtet wird, aufgenommen werden. Ebenso kann über ein Konzept im Abschnitt über Soziales mit einem Querverweis im Abschnitt über Umwelt Bericht erstattet werden" (ESRS 2.AR20).
Rz. 127
ESRS 2 sieht bei den MDR insofern eine Abstufung vor, als nicht alle vorgesehenen Datenpunkte stets anzugeben sind – oftmals ist eine Angabe nur "gegebenenfalls" erforderlich. Hier ist allerdings die Qualität der deutschen Übersetzung der ESRS (erneut) zu kritisieren, als mitunter unterschiedliche Dinge gemeint sind: nämlich "if applicable" oder "if relevant" – d. h., falls der entsprechende Sachverhalt vorliegt oder aber falls die Information über einen Sachverhalt den Nutzern der Nachhaltigkeitsberichterstattung entscheidungsnützliche Informationen vermittelt. I. S. d. Anwendungssicherheit ist daher ein Rückgriff auf den englischen Original-Wortlaut der entsprechenden Ausführungen geboten.
Rz. 128
Darüber hinaus kommen auch für Mindestangabepflichten die Bestimmungen gem. ESRS 1 zur Anwendung, was die Möglichkeit zur Auslassung einzelner Datenpunkte im Hinblick auf die Relevanz bzw. Entscheidungsnützlichkeit dieser Angabe betrifft (§ 3 Rz 20). D.h., sofern nicht von den MDR selbst als lediglich "gegebenenfalls" zu tätigende Information gekennzeichnet, müssen sie u. E. für Konzepte, Maßnahmen und Ziele jedenfalls getätigt werden. Für Mindestangabepflichten zu Kennzahlen stehen demgegenüber dieselben Erleichterungen offen wie für die korrespondierenden Angabepflichten in den themenbezogenen und sektorspezifischen Standards (d. h., nicht relevante bzw. entscheidungsnützliche Datenpunkte können auch für Mindestangabepflichten weggelassen werden).
Rz. 129
Weiterhin werden in ESRS 2 zu den MDR Aussagen wiederholt und als "allgemeine Angabepflichten" kodifiziert, die bereits in ESRS 1 bei den Darstellungen zur Wesentlichkeitsanalyse und der daraus erfolgenden Ableitung der Berichtsinhalte getätigt wurden (§ 3 Rz 99): Können geforderte Angaben zu Konzepten, Maßnahmen oder Zielen nicht getätigt werden, weil sie im Hinblick auf einen bestimmten Nachhaltigkeitsaspekt nicht festgelegt wurden, hat das Unternehmen auf diesen Umstand hinzuweisen, um damit ebenso der Angabepflicht zu entsprechen. Gefordert wird von den MDR allerdings auch eine Begründung, warum eine solche Festlegung nicht erfolgte (siehe demgegenüber ESRS 1.33, wo keine Begründung erwähnt wird). Lediglich empfohlen wird eine Angabe dazu, innerhalb welchen Zeitrahmens entsprechende Konzepte, Maßnahmen oder Ziele festgelegt werden sollen (ESRS 2.62 und ESRS 2.72). Für Kennzahlen ist keine derartige Begründungspflicht vorgesehen.
Das folgende Beispiel umfasst eine Darstellung im Fall nicht verfolgter Ziele zu einem wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekt. U.E. ist im gegenständlichen ...