Michael Vogel, Jasmin-Sophie Bitterle
Der gesellschaftliche Diskurs um die Nachhaltigkeit unserer Ressourcen nimmt immer mehr an Fahrt auf. Dieser übergreifende Wandel hin zu mehr Bewusstsein für ökologisch und sozial verantwortungsbewusstes Handeln hat sich auch in der Finanzbranche als zentrale Ausrichtung etabliert. Neben dem erhöhten Kostendruck und der verschlechterten Ertragslage, sind erweiterte Regularien für die Unternehmen der Finanzwelt eine wachsende Herausforderung. 2019 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Sie werden dort definiert als Ereignisse oder Bedingungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, deren Eintreten tatsächlich oder potenziell negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie auf die Reputation eines beaufsichtigten Unternehmens haben können (BaFin 2019). Damit beschreibt die BaFin mögliche Ansätze in Bezug auf die ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance) und zeigt unter anderem die Bedeutung der Ressource Mensch auf. Das BGM bildet somit einen Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie und folglich der Geschäfts- und Risikostrategie eines Unternehmens, im Umgang mit neuen gesellschaftlichen Herausforderungen.
Und was heißt das konkret in Zahlen?
Wer Zeit in das BGM investiert, sollte auch aufzeigen können, dass sich die Investitionen gelohnt haben und wie sich bestimmte Indikatoren über die Jahre entwickeln. Mit den Key Performance Indicators (KPI) lassen sich der Ist-Zustand sowie Verbesserungspotenziale abbilden – das BGM und resultierende Erfolge werden messbar.
Dass sich die Investition lohnt, zeigt der iga.Report 40 der Initiative Gesundheit und Arbeit aus dem Jahr 2019, zum Thema Wirksamkeit und Nutzen arbeitsweltbezogener Gesundheitsförderung und Prävention. Das umfangreichste Review, welches dort aufgeführt wird, dokumentiert unter Einbeziehung von 47 Studien, einen durchschnittlichen Return on Investment (ROI) von 2,7. Demnach liegen die Einsparungen aufgrund einer Reduktion der Fehlzeiten deutlich höher als die entstehenden Kosten durch BGM-Maßnahmen. Für jeden Euro, der in BGM investiert wird, erhält ein Unternehmen durchschnittlich 2,70 Euro Ertrag.
85 Prozent der untersuchten Studien dieses Reviews zeigen positive Outcomes. Bei besonders erfolgreichen Interventionen handelt es sich meist um Mehrkomponentenprogramme, mit strategischer Verankerung im Unternehmen und guter Einbindung der Mitarbeitenden. Erfolgsversprechend erscheinen außerdem auch Ansätze, die sowohl die Optimierung der Arbeitsorganisation als auch Beratungsangebote etwa durch Betriebsärztinnen und -ärzte oder Therapeutinnen und Therapeeuten berücksichtigen.
Die Berechnung des ROI macht allerdings erst nach ein paar Jahren Sinn, nachdem das BGM implementiert wurde. Darüber hinaus gibt es aber viele weitere Kennzahlen, die von Beginn an eine strategische Ausrichtung und Evaluation ermöglichen. In der folgenden Tabelle 1 sind ein paar Beispiele aufgelistet:
Kennzahl |
Erhebung |
Krankheitsbedingte Fehlzeiten (LFZ, oLFZ) |
Personal |
Fluktuation |
Altersstruktur |
Frühverrentung |
Teilzeitquote |
BEM-Quote |
Anzahl geführter BEM-Gespräche |
Arbeitsunfälle |
Arbeitsschutz |
Anzahl Begehungen und Gefährdungsbeurteilungen |
Anzahl Vorsorgeuntersuchung Bildschirmarbeitsplatz |
Anzahl Ergonomieberatungen |
WAI (Arbeitsfähigkeit) |
Mitarbeiterbefragung/ psychische Gefährdungsbeurteilung durch Personal |
Zufriedenheit |
Motivation |
Engagement |
Emotionale Erschöpfung |
Präsentismus |
Familienfreundlichkeit |
Akzeptanz der Maßnahmen (TN-Quote) |
BGM |
Kennzahlen der Gesundheitsberichte von Krankenkassen (z. B. häufige Diagnosen, Auffälligkeiten nach Alter und Geschlecht etc.) |
Effekte der Maßnahmen |
Eingesetztes Budget für BGM |
Anzahl durchgeführte Maßnahmen |
Anzahl durchgeführte Arbeitskreise |
ROI |
Tab. 1: Beispielhafte Kennzahlen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement
Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden
Diese umfangreiche Auflistung an ableitbaren Kennzahlen zeigt die Möglichkeiten des Controllings im BGM. Ein Tool, das hier beispielsweise von der Volksbank Ulm-Biberach eG genutzt wird, ist das Personalmanagementsystem. Dieses ermöglicht, die Daten personalbezogen Auswertungen innerhalb kürzester Zeit auszuwerten, sie zentralisiert den Anspruchsgruppen zur Verfügung zu stellen und verschiedene Zielgruppen im Unternehmen zu betrachten.
Die Auflistung in Tabelle 1 zeigt auch, dass sich ein BGM nicht allein am ROI, also dem Verhältnis der Kosten gegenüber den Ersparnissen aufgrund reduzierter Fehlzeiten, messen lässt. Dies wäre zu kurz gegriffen. Im Rahmen der zweijährigen Gesundheitsbefragung ermittelt die Volksbank Ulm-Biberach eG daher auch weiche Kennzahlen, wie die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, deren Motivation oder auch Belastungsfaktoren. Die Gesundheit im Unternehmen ist weit komplexer, für deren Beschreibung wäre eine Kennzahl nicht ausreichend.