Michael Vogel, Jasmin-Sophie Bitterle
Zusammenfassung
Digitalisierung, Flexibilisierung, Work-Life-Balance, alternde Belegschaften, Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit: Diese Begriffe prägen die Unternehmenspolitik und Personalarbeit, wenn es um die Neuausrichtung des unternehmerischen Mindsets und um das Konstrukt "New Work" geht. Bei der Volksbank Ulm-Biberach eG haben diese Entwicklungen vor vielen Jahren bereits zu einem Strategiewechsel geführt. Im Kontext der nachhaltigen Ausrichtung der Geschäftsstrategie entstand unter anderem das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Seine Ausgestaltung wird im folgenden Beitrag beschrieben.
1 Wandel der Arbeitswelt
Seit einigen Jahren existiert ein beherrschender gesellschaftlicher und unternehmenspolitischer Diskurs zum Wandel der Arbeitswelt und den einhergehenden Folgen sowie Herausforderungen für Unternehmen. Heute geht es mehr denn je darum, das Humanpotenzial bestmöglich auszuschöpfen und die unternehmerischen Strukturen und Prozesse sowie Denk- und Verhaltensmuster entsprechend neu auszurichten. Es ist ein Paradigmenwechsel, der vollzogen werden muss, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, und den es durch die Top-Entscheider in den Organisationen wahrzunehmen und zu gestalten gilt.
Maßgebliche Auswirkungen erfahren wir unter anderem durch die Digitalisierung und die damit verbundene Flexibilisierung der Arbeitsformen sowie den demografischen Wandel. Ständige technische Neuerungen, regelmäßige Umstrukturierungsprozesse zum Erhalt der Marktposition, Remote Work und das Austarieren von Beruf und Privatleben fordern die Mitarbeitenden enorm. Nicht umsonst lässt sich in den vergangenen Jahrzehnten ein Anstieg der Zahl psychischer Belastungen und Erkrankungen in der Bevölkerung feststellen. Der Anteil der Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen ist auf 17,5 Prozent gestiegen. Ein schlechter mentaler Gesundheitszustand bedeutet, dass die Mitarbeitenden nicht ihr volles Potential ausschöpfen und produktiv arbeiten können.
Nach wie vor auf Platz 1 der Hauptdiagnosegruppen stehen die Muskel-Skelett-Erkrankungen. Insbesondere dort, wo viel körperlich gearbeitet wird, aber auch bei den "Dauersitzenden" im Büro. Sowohl bei psychischen Erkrankungen als auch bei Erkrankungen des Bewegungsapparates, steigt außerdem die Auftretenswahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter. Dieses Verhältnis und die Entwicklungen kann auch die Volksbank Ulm-Biberach eG ihren Berichten und Kennzahlen entnehmen. Zunehmend wird der physischen, psychischen und sozialen Gesundheit, insbesondere auch im Setting Lebenswelten, mehr Bedeutung beigemessen. Dies zeigen unter anderem das 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz (§ 20 SGB V) zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention sowie die seit 2013 im Arbeitsschutzgesetz festgeschriebene Verpflichtung zur Erfassung psychischer Gefährdungen am Arbeitsplatz.
2 BGM: Vom Nice-to-have zum Must-have
Unternehmen sind auf die Leistungsfähigkeit und Motivation ihrer Belegschaft angewiesen und haben einen entscheidenden Einfluss darauf, denn der Mensch verbringt einen Großteil seiner Lebenszeit am Arbeitsplatz. Nicht nur private Lebensbedingungen, sondern auch das betriebliche Umfeld kann Quelle für Gesundheit und gleichermaßen Krankheit sein.
An dieser Stelle lohnt sich der Blick auf das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM). Langfristig angelegt und eingebunden in die Unternehmensstrategie und -struktur, kann ein BGM einen wesentlichen Teil dazu beitragen, den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt erfolgreich zu begegnen. Eine nachhaltige Investition in die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Belegschaft bringt etliche Chancen und Vorteile mit, die auf die bereits genannten Herausforderungen einzahlen.
Ein nachhaltiges BGM ist weit mehr als Prävention und auch weit mehr als einzelne losgelöste gesundheitsfördernde Maßnahmen. Grundsätzlich umfasst es die drei Säulen
- Arbeitsschutz,
- Betriebliche Wiedereingliederung und
- betriebliche Gesundheitsförderung.
Dabei geht es um das gemeinsame Ziel, Gesundheit zu erhalten und zu fördern sowie die Beschäftigungsfähigkeit zu sichern beziehungsweise wiederherzustellen. Neben dieser zugleich präventiven und kurativen Ausrichtung, definiert sich das BGM unter anderem über Verhaltens- und Verhältnisprävention.
- Der verhältnispräventive Ansatz beschreibt die gesunde Gestaltung der Organisation, der Arbeit sowie betrieblicher Strukturen und Prozesse, um Arbeitsbelastungen zu minimieren und gesundheitsgefährdende Risikofaktoren zu reduzieren.
- Der verhaltenspräventive Ansatz bezieht sich auf das Gesundheitsverhalten der Mitarbeitenden. Die Angebote des Gesundheitsmanagements sollen zu gesundheitsbewussten Entscheidungen befähigen und die Mitarbeitenden in ihrer Gesundheitskompetenz bestärken.
Diese beiden Ansätze zeigen Schnittstellen zur Unternehmens- und Personalentwicklung und verdeutlichen einmal mehr, wie nah ein BGM an dem alltäglichen Geschäft der Personalarbeit und der sozialen Ausrichtung auch im Kontext eines nachhaltigen Personalmanagements liegt. Indem sie gesunde Rahm...